Hat doch Spaß gemacht: An der Universitätsstraße fährt die Bahn (noch) oberirdisch , Foto: Marcel Wurm

Achse der Unwilligen

Die Bürger wurden gefragt, ob sie eine Ost-West-

U-Bahn wollen. Jetzt steht endlich fest: Jein!

Den Mix aus Partizipation und Unterhaltung nennt man neudeutsch Particitainment. Köln zeigt, wie’s geht: OB Reker will eine U-Bahn, Verkehrsdezernentin Blome und KVB-Boss Fenske auch. Jetzt müssen es nur noch die Kölner wollen. Denn U-Bahn-Bau gilt leider nicht als kölsche Kernkompetenz. Andererseits: Eine weitere Großbaustelle in der Innenstadt ist super, das sieht nach Entschlossenheit und Tatkraft aus. Um sozialverträgliche Fahrpreise, Anschluss der Hinterwäldler im Rechtsrheinischen und belüftete Waggons kann man sich später kümmern.

 

Schön wär’s natürlich, wenn die Bürger das auch einsehen würden. Dann sind die zumindest auch schuld, wenn wieder was umkippt. Nun ist auf Bürger aber kein Verlass. Bürger sind ja das größte Problem bei Bürgerbeteiligungen.

 

Der KVB-Boss stellte sicherheitshalber zu Beginn der Beteiligung klar, dass jeder, der nur halb so viel Ahnung hat wie er, einen U-Bahn-Tunnel will. Und OB Reker tat so, als bemerke sie nicht, dass die Verkehrsdezernentin die Werbetrommel für den Tunnel rührt.

 

Damit die Bürger die U-Bahn-Großbaustelle wollen, gab es die größte Aktion, mit der Stadt und KVB je zur Partizipation aufriefen. Umso bescheidener fällt das Ergebnis aus. Nach gut dreieinhalb Monaten lautet es: Jein. Die einen sagen so, die anderen sagen so. Zu wenig? Natürlich nicht, das sind »Tendenzen bezüglich der Planungsvarianten«, findet OB Reker.

 

Und überhaupt: Hat doch Spaß gemacht. Da gab’s voll spannende »Beteiligungsformate«. Mal ehrlich: Wer träumt nicht davon, mal mit einem Amtsleiter für Straßen und Verkehrsentwicklung spazieren zu gehen? Man musste sich nur rasch anmelden, die Plätze waren sehr begrenzt. Und Urlaub nehmen, denn spaziert wurde nachmittags unter der Woche.

 

Es gab noch mehr Highlights: Arbeits- und Konsultationsgruppen, viele Fotos von Pinnwänden mit Zetteln dran und »lebhafte Podiumsdiskussionen«! Die Stadtspitze verteilte verbale Fleißkärtchen: Frau Blome fand’s toll, »dass die Kölnerinnen und Kölner sich so intensiv für die Zukunft ihrer Stadt einsetzen«. Und Herr Fenske war beeindruckt davon, »mit welcher Kompetenz die Bürgerinnen und Bürger sich einbringen«.

 

Zum Schluss versprach OB Reker: »Die Ergebnisse werden eine wichtige Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat darstellen.« Klasse! Nur, welche Ergebnisse noch mal? Dass manche eine langen Tunnel wollen, andere gar keinen Tunnel? Derweil dämmert’s den U-Bahn-Bauern langsam, dass der Tunnel viel zu spät fertig würde, um das Verkehrschaos noch aufzuhalten. Aber eine schnellere oberirdische Lösung wirkt halt läppisch.

 

Tja, die Bürgerbeteiligung hilft auch nicht so richtig weiter. Aber: Danke, dass ihr mitgemacht habt! Echt jetzt! Der Rat kümmert sich nach dem Urlaub um die Ost-West-Achse. Ist auch besser so: Dort warten ohnehin schon wieder einige andere Vorschläge, die in der Bürgerbeteiligung gar nicht diskutiert wurden. Die particitainten Kölnerinnen und Kölner werden dann wieder in Ruhe gelassen. Die haben die Achsen nämlich langsam dicke.