Schöne Bilder reichen ihm nicht: Bernd Huber, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft, Foto: Manfred Wegener

Rondorf kann auch anders

Die Stadt plant ein neues Viertel. Die Bürger mischen sich ein und stellen Forderungen

Rondorf ist ein dörflicher Stadtteil, die Großstadt ist weit weg. Das könnte sich in einigen Jahren ändern. Rondorf wird erweitert um  »Rondorf Nord-West« — ein neues Viertel mit 1300 Wohnungen und Häusern für etwa 4000 Bewohner. Rondorf würde damit um knapp die Hälfte wachsen. »Das Viertel wird seinen dörflichen Charakter verlieren«, sagt Mike Homann, Bezirksbürgermeister von Rodenkirchen, wozu Rondorf gehört. 

 

2016 hat die Stadt 220.000 Quadratmeter Baugrund, der bisher vor allem landwirtschaftlich genutzt wurde, an die Firma Amelis verkauft. Dahinter verbergen sich der Immobilienentwickler Aurelis und die Amand Projektentwicklung des Bauunternehmers Norbert Amand, der für das eintönige Quartier Widdersdorf-Süd verantwortlich ist. Zeitgleich mit dem Verkauf wurde noch vom damaligen Kölner Baudezernenten Franz-Josef Höing das Architektur- und Stadtplanungsbüro West 8 aus Rotterdam ins Boot geholt. West 8 hat einen Masterplan für das Gebiet erstellt, den die Kölner Verwaltung Ende Juni bei einer Bürgeranhörung in der Gesamtschule Rodenkirchen-- -vorstellte.

 

Auf dem Areal soll es 30 Hektar Grün- und 36 Hektar bebaute Flächen geben, mit Wohnungen, zwei Grundschulen, einer weiterführenden Schule, Einzelhandel und neuem Dorfplatz. Architekt Christoph Elsässer von West 8 nennt als Ziel, »das Dörfliche zu bewahren und zugleich zu verdichten.« Ein breiter Grünstreifen im Norden soll die neue Wohngegend von der Autobahn A4 abschirmen. Daran schließt sich ein Bürgerpark an. Das zweite große Bauareal liegt zwischen der International St. George School und dem alten Kern von Rondorf. Dreißig Prozent geförderter Wohnungsbau sollen für soziale Durchmischung sorgen. Typologisch ist vom Eigenheim über Doppelhaushälften, Stadthäuser bis zum Geschosswohnungsbau alles dabei. Der Anteil des Geschosswohnungsbaus soll 60 Prozent betragen — was Michael Weisenstein von der Linken im Stadtrat angesichts der Wohnungsnot als zu niedrig kritisiert. 

 

Rondorf Nord-West steht und fällt mit der Anbindung an die Stadtbahn. Dazu müsste die KVB-Linie 5 bis Rondorf, besser bis Meschenich, verlängert werden — seit 1992 ist das geplant. Dass Rondorf dörflich wirkt, hat auch mit der fehlenden Straßenbahnverbindung in die City zu tun.

 

Die Verwaltung überredete im vergangenen Jahr den Investor, 1300 statt nur 1000 Wohnungen zu bauen. Das erhöht die Chance, dass sich Land und Bund an den Kosten von 65 Mio. Euro für die Stadtbahnverlängerung beteiligen. Die Linie 5 könnte dann den Bonner Verteiler oberirdisch, unterirdisch oder durch den Grüngürtel kreuzen. In einer S-Kurve soll sich die Stadtbahn zwischen dem neuen und alten Rondorf hindurchwinden. Manche Bürger befürchten hier eine Demarkationslinie.

 

Die heftigste Kritik aber entzündet sich an den Trassen für den Autoverkehr. So sehr Klaus Harzendorf, Leiter des Amts für Straßen und Verkehrsentwicklung, auch einen Radschnellweg in die City und weniger Autos durch mehr ÖPNV in Aussicht stellte — seine »Entflechtungsstraße«, die westlich am neuen Rondorf vorbeiführen soll, reicht den Bürgern nicht. Sie werde den Verkehr auf der Rodenkirchener Straße keineswegs entlasten, glauben sie. Die Argumente der bestens informierten Bürger gingen dabei sehr ins Detail. »Die Bürger vor Ort kennen ihren Stadtteil eben am besten«,
so Bezirksbürgermeister Mike Homann. 

 

Dass die Rondorfer vehement ihre Sache vertreten, hat einen Grund. Die Dorfgemeinschaft Rondorf-Hochkirchen-Höningen kümmert sich seit 1963 um alles, was das Viertel betrifft: von der Situation der Senioren, Jugendlichen und Flüchtlinge bis hin zur Infrastruktur. Der Verein hat sich sehr früh in die Planungen eingemischt und eine Bürgerwerkstatt organisiert. »Wir haben einen Forderungskatalog erstellt«, so der Vorsitzende Bernd Huber. Die Bürgerwerkstatt Zukunft Rondorf stellt präzise Forderungen zu Mobilität, sozialem Miteinander, Bildung, Nahversorgung, Wohnformen und Klimaschutz. Sie gehen weit über die Anregungen hinaus, die sonst häufig in den von der Stadt gelenkten Bürgerbeteiligungen aufkommen. Die Dorfgemeinschaft spricht stolz vom »Rondorfer Modell« — und legte ihren Katalog frech als »Leitbildformulierung« der Stadt, dem Investor und den Planern auf den Tisch. Die hätten sich geöffnet, wenn auch zunächst widerwillig, sagt Bernd Huber. Investor Norbert Amand habe aber die Dorfgemeinschaft durch seine Neubausünde Widdersdorf-Süd geführt und Fehler eingeräumt; Fehler, die Huber durch die Entwürfe von West 8 vermieden sieht.

 

Doch schöne Bilder reichen ihm nicht. So hat West 8 zwar die Erstellung eines »Gestaltungshandbuchs« versprochen, doch Huber will »Verbindlichkeit in der Umsetzung« und einen Projektkoordinator, der »Zugriffsrecht über die Dezernatsgrenzen hinaus hat.« Nur so sei zu verhindern, sagt Huber, dass die voraussichtlich
in drei oder vier Jahren beginnenden Bauphasen zeitlich auseinanderlaufen. 

 

Nach heftiger Diskussion sagte der neue Kölner Baudezernent Markus Greitemann (CDU) beschwichtigend zu. Köln kann auch anders, zumindest in Rondorf.