Musik aus dem Netz

Lemon Yellow Hayes weckte mein Interesse durch einen Blogbeitrag im freemusicarchive.org, in dem er als überzeugter Nutzer alterna-tiver Gitarrenstimmungen die Vorteile eines auf A=444 Hertz basierenden Tunings verhandelt. Diese Stimmung verwendet er auf seinem letzten Album, der »Ünspe-cified Collection« (John Lennon auf »Imagine« der Überlieferung nach übrigens auch). Aus der -Noiserock-Szene rund um Boston stammend — wir erinnern uns an Sebadoh und  -Dinosaur Jr. & Co. — produziert Hayes zu-sammen mit Drummer Tom Wolfendale minimalistischen,  ins-trumentalen Indierock, verfeinert mit Sprachaufnahmen und allerlei Reminiszenzen, einschließlich authentischem 8-Spur-Sound. Super.

freemusicarchive.org/music/Lemon_Yellow_Hayes/

 

 

 

Trotz der Tatsache, dass ein Ende des Netlabelsterbens nicht ab-zu-sehen ist — woran Bandcamp be--kanntermaßen keinen unwesent-lichen Anteil hat —, gibt es nach wie vor welche, die unbeirrt wei-ter-ma-chen. Eines davon ist Da! Heard it Records aus Paris. Dort hat vor kurzem Fourmi seinen Longplayer »L’Alunissage des fra-gilos« veröffentlicht. Beim Durchhören, kurz davor mit der Erkenntnis »bisschen wie Schlammpeitziger, aber ohne Meta und Witz« aufzu-geben, stolpere ich über die Tracks »Casa Forte« und »Assassinio in orbita (reprise)«, in denen der Franko-Brite Philippe Brown seine vermeintlichen Billigsynthi-Presets und Rhythmen plötzlich mit wunderbaren Gesangsarrangements einer Dame namens Frantsukiko verwebt, nur um kurz danach wieder in einen ziemlich bekloppten Retro-Sci-Fi-Sound abzudriften. Toll. Gibt es auch als Tape. 

https://www.daheardit-records.net 

 

 

Weiter nach Deutschland. Das Netz ist voll von Electronica-Veröffent-lichungen, aber die guten müssen trotzdem hervorgehoben werden: DASK aus Berlin macht auf seinen beiden letzten Alben düsteren, unpräten-tiösen Ambient, der dem »Blade Runner 2049«-Soundtrack Konkurrenz macht. Der wurde ja leider nicht komponiert von Jóhann Jóhannsson, mit dem Regisseur Denis Villeneuve bereits für seinen fantastischen Film »Arrival« zusammenarbeitete, sondern dann doch vom überpräsenten Hans Zimmer. Aber das nur am Rande, denn DASK scheint von Jóhannsson ziemlich inspiriert zu sein. Ein paar von DASKs Veröffentlichungen gibt es im Free Music Archive, den Rest auf Bandcamp oder bei

Syngate.net.freemusic

 

 

Als Rausschmeißer sei euch noch »Beats to procrastinate to« des schwedischen Produzenten Stevia Sphere empfohlen. Auch wenn der Typ mit Pseudonym-Verwirrspiel und Understatement (»I make -background music«) nervt, so kommt doch dabei so manch netter, pseudo-cheesiger Track rum, der sich in der Tat im Hintergrund gut macht.


steviasphere.bandcamp.com