Was ein Kommunist hören darf: Floh de Cologne, 1969, ©Floh de Cologne

Walter Ulbricht in Köln

Vor fünfzig Jahren wurde die DKP gegründet, Köln nimmt in ihrer Geschichte einen prominenten Platz ein

 

Nur fünf Wochen, nachdem der Prager Frühling durch Truppen des Warschauer Paktes niederge-schlagen worden war, wurde am 25. September 1968 in Frankfurt die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) gegründet. In Prag demons-trierten die Nachfolger des Stalinismus ihre ungebrochen repressive Macht, während sich in Deutschland Kommunisten in einer Partei versammelten, die eben jene Machtpolitik rechtfertigte — das konnte nicht gut gehen. Ein paar Jahre schwelgte die Partei in der Illusion, bundespolitisch mitzu-mischen, bei der Bundestagswahl 1972 errang sie 114.000 Zweit-stimmen: 0,4 Prozent. Besser sollte es nie werden.

 

Aber auf lokaler Ebene, im kultu-rellen Leben, an der Basis von Gewerkschaften und in vielen Universi-täten konnte sich die DKP etablieren, nicht zuletzt in Köln. Ihr erster Vorsitzender war der Kölner Widerstandskämpfer und Auschwitz-Überlebende Kurt Bachmann (1909–1997), der nach dem westdeutschen KPD-Verbot (1956) in der Illegalität weitermachte. Viele -Partei-Intellektuelle waren in Köln aktiv: der herausragende Faschismusforscher Reinhard Opitz, der Schriftsteller Erasmus Schöfer, der Dramaturg André Müller. Auch Helge Malchow, heute Verleger bei Kiepenheuer & Witsch, war DKP-Mitglied. Die Studierendenorganisation der Partei dominierte hier über Jahre die linke AStA-Politik, die rheinische Friedensbewegung war zumindest DKP-nah. Mit Floh de Cologne machte die damals beste deutsche Politrock-Band Wahlwerbung für die Partei. In Köln residierte auch Pahl-Rugenstein, der inoffizielle Parteiverlag, dessen defizitäre Bilanz regelmäßig von der DDR ausgeglichen und der deshalb liebevoll »Pahl-Rubelschein« genannt wurde. DKP-Politik war hemdsärmelig, pragmatisch, unaufge-regt. Das passte gut in linke Kölner Lebenswelten.

 

Die Gründung der DKP muss man als Etappe der Entspannungspolitik verstehen, dementsprechend handzahm gab sich die Partei. Man integrierte die Deutschlandflagge ins Parteilogo und gab sich betont verfassungstreu. Nach dem Radikalenerlass 1972 folgten trotzdem -Berufsverbote. Rückblickend verblüfft es, wie viel intellektuelles Potenzial die Partei an sich binden konnte: Franz Xaver Kroetz, Günter Herburger, Uwe Timm, Hannes Wader, Franz Josef Degenhardt, -Gisela Elsner. Die Liste ließe sich fortsetzen. Nach 1989 verpasste sie die Chance der radikalen Aufarbeitung, sie wurde dann doch nicht die Partei Rosa Luxemburgs, sondern blieb ein Walter-Ulbricht-Gedenkverein. »Poptitan« Dieter Bohlen war wohl auch mal Mitglied, manchmal blitzt noch subversiver Schalk durch die eiserne Maske seines neoliberalen Darwinismus. Im Netz kursiert ein Video, wo er bekennt: »Diese Grund-idee vom Kommunismus, ne, die ist ja voll geil.« Sollte das auf eine DKP-Schulung zurückgehen, dann war nicht alles schlecht.