Der Dom muss weg! – Stimmen aus Köln

Der Vorschlag, den Dom ganz oder teilweise abzureißen, wird in der Stadt kontrovers diskutiert. Die Stadtrevue hat ein paar Stimmen eingefangen

Tourismus

KölnTourismus hält man nicht viel von einem Abriss des Doms, wenngleich »die 2000 Jahre alte Stadt noch viel mehr zu bieten« habe. Insider glauben schon länger, in dieser offiziellen Sprachregelung eine »konzeptionelle Neuausrichtung für die Zeit nach dem Dom« zu erkennen. Auffallend ist das Engagement für Mega-Events, etwa die Konzerte mit Robbie Williams oder den Rolling Stones, dazu Sport-Highlights wie Fußball-WM 2006 und Gay Games 2010. Das scheint sich auszuzahlen: Im dritten Quartal 2005 stieg die Zahl der Gästeübernachtungen in Köln um 8,4 Prozent auf insgesamt 1.085.858. Auch Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) nährt mit seinem Wort von der »Eventstadt Deutschlands« Gerüchte, wonach Köln im Wettbewerb der Metropolen auf Großereignisse statt auf die klassischen Sehenswürdigkeiten setzen will. Ein Abriss des Doms ließe sich – den politischen Willen und gute Planung vorausgesetzt – auch für den Event-Tourismus nutzen. Ob es der Anziehungskraft Kölns jedoch langfristig zuträglich ist, das Tafelsilber medienwirksam zu verscherbeln, hängt davon ab, wie die Stadt nach dem Abriss mit der Brachfläche mitten in der City umgeht. (bw)

 

Wirtschaft

Ein Abriss des Doms hätte aus ökonomischer Sicht für den Standort Köln zahlreiche Vorteile. Vertreter der Kölner Wirtschaft fordern schon seit langem ein innovatives und vor allem geschlossenes Stadtentwicklungskonzept: »Die Stadt hat es sich in den vergangenen 50 Jahren zu lange hinter einer 2000-jährigen Geschichte und hinter dem Dom bequem gemacht«, so die Industrie- und Handelskammer (IHK) in ihrer »Tops & Flops 2004«-Veröffentlichung zur Standortbewertung. Da Köln als Metropole im internationalen Wettbewerb um Kapital und Human­ressourcen stehe, so die IHK weiter, müsse es »ein grundsätzliches Umdenken geben«. Auch wenn die IHK nicht von einem Abriss spricht:  Was wäre ein deutlicheres Symbol eines solchen Umdenkens als eine ökonomisch sinnvolle Flächenumnutzung des Domplatzes? Als Kölns attraktivstes Areal würde ein solcher Standort der Stadt Kapitalinvestitionen und damit Arbeitsplätze über Jahre hinaus garantieren. Zusätzlich bekämen auch die städtebaulichen Planungen im Rechtsrheinischen neue Impulse, da sich die Höhenplanung für Hochhäuser nicht länger am Dom orientieren müsste. (chg)

 

Brauchtum

»Do köm dat Panorama schwer en Brass«, zitiert eine Pressemitteilung des »Festkomitee Kölner Karne­val von 1823« den kölschen Evergreen »Mer losse dʼr Dom en Kölle« – und kommen­tiert damit die Pläne, die Kathedrale in der Stadt­mitte abzureißen. Ein steingewordenes Symbol kölscher Lebens­art sei der Dom und nicht zuletzt auch für die fünfte Jahreszeit sinnstiftend. Schließlich kommen die wichtigsten Karnevalshits nicht ohne die Wortreihung Kölsch, Rhein und Dom aus. Das Fest­komi­tee sorgt sich dementsprechend um den Fortbestand des kölschen Liedguts in den nachwachsenden Generationen, die die Stadt nur noch ohne die große Kirche kennen werden. Warum also sollten die Jungen sich noch Texte aneignen mit Zeilen wie »Ich wor in Hongkong, USA, ov Ibiza un Kanada / doch dä Dom, dä es dat Schöns­te op dʼr Welt«? Schlussendlich aber werde man sich mit jeder Lösung zu arrangieren wissen, betont man im Fest­komitee, schließlich sei der Kölner Karneval schon ganz anderen Unbilden mit rheinischem Frohsinn und Gelassenheit entgegengetreten. Zuguterletzt beruft sich der Kölner ja immer auf das kölsche Grundgesetz, in dem unter Paragraf  4 in unnachahmlicher Mischung aus Bauernschläue und Pragmatismus geschrieben steht: Jammere den Dingen nicht nach – wat fott es es fott! (yg)

 

Stimmen von Kölnerinnen und Kölnern


  Christian Gottschalk, Humorist:

 
»Das ist ja wohl der größte Unsinn, den die je verzapft haben. Der Dom war immerhin so was wie ein Wahrzeichen für die Stadt. Ich bin zwar kein Katholik, aber irgendwie gehörte der Dom für mich immer zu Köln. Ich glaube, dass durch den Abriss vor allem die Tourismusbranche leiden wird.«

  Claudia Hierholzer, Gymnasiallehrerin:


»Super! Der Dom bereitet an seinem jetzigen Platz ja recht viel Ärger – die ganzen knipsenden Japaner, wie sie wild und unbedacht durch die Rabatten trampeln. Der Dom sollte vielleicht ins Bergische versetzt werden. Damit wäre das Problem des Weltkulturerbes für Schramma gelöst. Man müsste dann halt noch ein bisschen umgemeinden, natürlich.«

   Thomas Böhm, Programmleiter des Kölner Literaturhauses:


»Ich befürworte die Pläne, den Dom abzureißen, aus tiefster Überzeugung. Die Hochhäuser, die an seiner Stelle gebaut werden könnten, brächten sicher viele Arbeitsplätze und dringend benötige Büroflächen. Und einen Tourismusboom, weil Köln die erste Stadt wäre, die sich eines Weltkulturerbes entledigt hätte.«

 

  Oliver Minck, Sänger der Kölner Band Wolke:


»Mit einer für Köln bezeichnenden Inkonsequenz ist es immer noch nicht gelungen, sich von einem Relikt aus grauer Vorzeit zu trennen, das wie ein monströser, schwarzer Keil die Getriebe des Fortschritts lahm legt: dem Dom. Eine Stadt, die sich von ihrer Vergangenheit nicht lösen kann, ist eine Stadt ohne Zukunft.«

 

   Conny Crumbach, Journalistin und Ex-Messdienerin:


»Natürlich muss der Dom abgerissen werden! Kirchenpolitisch gibt es gar keine andere Lösung. Der Dom muss nach Berlin. Kardinal Meisner soll bereits ein Pfarrbüro am Prenzlauer Berg angemietet haben – weilʼs da billiger ist.«

 

  Daniel Richter, Fotostudent:


»Seien wir doch mal ehrlich, außer den Touristen, den Kölner Karnevalsgesellschaften und meiner Mutter würde niemand den Klotz vermissen. Wobei, doch manchmal, wenn ich über die Mülheimer Brücke fahre und das Panorama betrachte, wird mir warm ums Herz.«

 

  Frauke Groschopp, Stadtplanerin:


»Super, los geht's: Endlich keine Kollision mehr zwischen Stadtplanung und Denkmalschutz!«

 
  Miltiadis Oulios, Rebetiko-Party-Veranstalter:


»In Düsseldorf steht die längste Theke der Welt. Als ehemaliger Düssel­dorfer rate ich den Kölnern, ihr längstes Stück nicht leichtfertig herzugeben!«

 
  Christian Gast, Politikstudent:


»Das glaub ich nicht! Eher rasiert sich der Schramma den Schnäuzer ab!«

 

  Ingo Geisel, Versicherungsangestellter:


»Ich finde das richtig. Köln muss einfach moderner werden, damit wir den Anschluss nicht verpassen. Und dazu passt der alte Kasten nicht!«

 

 

 

Lesen Sie dazu auch:

 

→Der Dom muss weg! Warum sich Köln für den Abriss entscheiden sollte

 

→Vision 1 — Der Superdom

 

→Vision 2 — Contemplaza

 

→Vision 3 — Der Stadtpark

 


 

 →Domabriss gewinnt: Stadtrevue erhält den Kölner Medienpreis