Macht und Vertrauen

Das weltbekannte Ensemble am Tanztheater Wuppertal steht vor einem Scherbenhaufen

Ihre Spielzeit 2018/19 eröffnet die weltberühmte Kompanie mit dem wunderbaren »Vollmond« von Pina Bausch aus dem Jahr 2006. Mit Fels und Flüsschen, irgendwann setzt der Regen ein und Erde und Himmel verbinden sich in Myriaden von Tröpfchen und einer nie versiegenden Sehnsucht. Die Tänzer rennen, rutschen, schwimmen, wogen und wirbeln, als gäbe es für diese Gesellschaft in Abendgarderobe kein Morgen.

 

Pina Bausch starb vor fast zehn Jahren. Der darauf total unvorbereiteten Kompanie gelang es mit Interimsleitern aus dem Ensemble den dicht getakteten Betrieb zwischen Wuppertal und den Gastspielen in aller Welt aufrecht zu erhalten. Das Repertoire zählt rund 40 Werke, wobei etliche von ihnen stark an die Tänzerpersönlichkeiten des Ensembles gebunden sind: sie können nur mit höchster Sorgfalt oder gar nicht mehr aufgeführt werden, wenn die »alten« Tänzer gehen. Da eine Kompanie nicht ohne Neukreationen arbeiten kann, gab es 2015 einen Abend mit drei Uraufführungen, künstlerisch unersprießlich, aber durch das Wuppertaler Tanztheater wehte immerhin eine Hauch Zukunft. 2017 trat dann die erfahrene Tanz-Managerin Adolphe Binder als neue Intendantin an. Aber nach nur einem Jahr, das mit zwei nagelneuen abendfüllenden Stücken in künstlerischer Hinsicht relativ vielversprechend aussah, wurde ihr fristlos gekündigt.

 

Sie klagt nun. Die klamme Stadt Wuppertal steht nicht gut da als Trägerin des Tanztheaters. Sie hat die Stimmenmehrheit in dem übergeordneten Beirat, der offenbar Missständen innerbetrieblicher Art nicht beikam. Auch ein Mediator scheiterte. Der langjährige Geschäftsführer, der gegenüber der Intendantin weisungsbefugt ist, gab Interna an die Presse durch, die ungeprüft eine Liste von Vorwürfen gegen die Intendantin nachplapperte: die FAZ und die Wup-pertaler Lokal-Blätter vorneweg. Das war Anfang Juli, als die Tänzer gerade in Paris ihr Publikum beglückten. Sie stellten sich in einem Offenen Brief hinter -Adolphe Binder. In ihrem eigenen Brief beschrieb diese die angeblichen Verfehlungen als Kleinigkeiten und als Blockade der Geschäftsführung. Angeblich geht es um den unvollständigen oder unspielbaren Spielplan 18 / 19, um Geld und um fehlende ins Ensemble passende Tänzer. Andere verneinen das. Hinter all diesen Querelen liegt wohl ein Problem namens Macht und Vertrauen. Für Wuppertal wäre es ein herber Verlust, falls das Ensemble abwandert und in Paris, New York oder London tänzerisches Asyl bekäme.