Gabriele Münter

Die  Retrospektive, die das Museum Ludwig der Malerin -Gabriele Münter (1877–1962) widmet, ist auch ein großer Willkommensbahnhof, um eine Neuerwerbung zu feiern. Prominent am -Eingang ist ihr »Knabenkopf (Willi Blab)« platziert, der eine erstaunliche Lücke in der sonst gut sortierten Expressionistensammlung des Hauses schließen soll, denn ein Werk Münters fehlt hier bislang. Dieser Mangel überrascht doppelt, da die früh beachtete Malerin zum innersten Zirkel des Künstlervereinigungsschlachtrosses Blauer Reiter gehörte und die vielsprachige Vielreisende lange Zeit wirkungsvolle Kontakte nach Köln unterhielt. 

 

Der Auftakt mit dem Kinderportrait — direkt neben dem bekannten Bildnis Marianne von Werefklins — zeigt die Qualitäten der Malerin: ihre leuchtende, kontrastreiche Farbigkeit, den klaren, flächigen Aufbau, die prägnante Charakterisierung und nicht zuletzt den lebendigen Farbauftrag. 1908 entstanden diese Arbeiten, in der Zeit ihres Durchbruchs zum eigenen, den deutschen Expressionismus mitprägenden Stil. Der Weg dorthin, das lässt sich im ersten Saal dieser umfangreichen Schau nachvollziehen, war ungewöhnlich. Zwei Jahre lang bereiste Gabriele Münter ab 1898 die USA, fotografierte viel, fand dabei zu einem eigenen Sehen, entwickelte diese Fähigkeit nach ihrer Rückkehr in privaten Kunstschulen zügig weiter — der Besuch einer Akademie war Frauen bis 1919 in Deutschland verwehrt — und erwies sich als geborene Malerin, wie ihre ersten Bilder in geläufig impressionistischer Manier zeigen, auf die im Sommer 1908 fast übergangslos die wie entfesselten Malereien der ersten Zeit im bayrischen Murnau folgten — einem Legendenort des Expressionismus. 

 

Neben den populären Landschaften und Stillleben, den vieldeutigen Interieurs werden auch die weniger bekannten, ruhigeren Arbeiten der 20er und 30er Jahre gezeigt. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die auf Volkskunst, Exotika und Kinderzeichnungen bezogenen Bilder, ebenso ihr Experimentieren mit Wiederholungen und Varianten einzelner Motive, die auch zu zwei Erkundungen der Möglichkeiten der Abstraktion führten.