Quitte schön!

Nachtisch # 74

Die Quitte ist immer Dritte. Der  Kernobst-Außenseiter folgt in der Beliebtheit weit abgeschlagen hinter Apfel und Birne. Dabei soll es die schrumpelige Quitte, der Kydonische Apfel, gewesen sein, den Paris der Aphrodite als der Schönsten überreichte. Doch es half der Quitte nicht: Die uralte Frucht ist unpopulär und nur selten im Handel. Aber gerade beginnt ihre Saison, und das Rheinland bietet gute Qualitäten. 

 

So bitter wie das Desinteresse, das der Quitte entgegenschlägt, so bitter und hart ist auch das rohe Obst selbst. Es ist daher üblich, Quitten zu garen, man kocht sie für Marmeladen, Kompotte, süßsaure Chutneys oder das Quittenbrot, ein Konfekt. Es gibt aber die seltene Sorte Shirin, die roh schmecken soll. Meist jedoch begegnet man in Hofläden und auf Märkten den harten Apfel- und Birnenquitten, womit ihre Form beschrieben ist. Das Schälen der Quitte ist mühsam, so hart sind sie. Henriette Davidis empfahl in ihrem Kochbuch-Bestseller des 19. Jahrhunderts eine Zubereitung wie bei Pellkartoffeln. Man kann die Quitte aber auch in Alufolie im Backofen garen und anschließend das Kerngehäuse mit dem Löffel entfernen. Es ist zudem einen Versuch wert, Quitten roh zu nutzen, indem man sie feinraspelt oder in der Küchenmaschine häckselt.

 

Die Quitte muss übrigens nicht immer als Süßspeise enden! Wer Fleisch isst, kann Quitten zu Wildgerichten oder Schwein servieren. Ebenso eignet sie sich für vegetarische Schmorgerichte in Römertopf oder Tajine. Zur Quitte passen Kürbis, Sellerie, Pastinaken, Zwiebeln sowie herbe Gewürze wie Rosmarin oder Thymian. Apicius, antiker Food-Hipster und Rheinländer, kombinierte Quitten mit Liquamen, einer Fischsauce! Ein Rezept mit Essig liefert der britische Kulinarik-Journalist Nigel Slater in seinem Obst-Kompendium, das der Quitte viel Platz einräumt. Auch der britische Kochbuch-Star Jane Grigson ehrte die Quitte in den 80er -Jahren in ihrem Früchte-Buch. 

 

Überhaupt, England und die Quitte! Isaac Newton buk Quitten und butterte sie dann kräftig. Da könnte es doch ebenso gut — wie bei Paris und Aphrodite — eine Quitte anstelle eines Apfels gewesen sein, die dem Physiker 1726 der Legende nach auf den Kopf plumpste und ihm zur Erkenntnis des Gravitationsgesetzes verhalf. Es wäre auch naheliegend, dass ihm schon der Duft der Quitten die Eingebung verschaffte. Dieses betörende, nahezu psychedelische Odeur umfängt uns auch, wenn wir einige Quitten auf der Fensterbank nachreifen lassen. Man möchte die ganze Welt damit parfümieren!