Diskutiert nun, ob der VAFK weiterhin seine Räume nutzen darf: Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Foto: Marcel Wurm

»Verständnis, dass Väter die Contenance verlieren«

Ist der Kölner Kreisverband des »Väteraufbruch für Kinder« rechtskonservativ? Markus Witt vom Bundes­vorstand wehrt sich im Interview

Herr Witt, der »Väteraufbruch für Kinder« (VAFK) will die Rechte von Trennungsvätern stärken. In der vergangenen Ausgabe berichtete die Stadtrevue über Vorwürfe gegen den Kölner Kreisverband, er stehe rechtskonservativen und antifeministischen Positionen nahe. Auf diese Kritik reagierte der Kölner Vorstand mit einem offenen Brief, in dem Kritiker und Autorin polemisch beleidigt wurden. Sieht so die Reaktion eines seriösen Vereins aus?

 

Unsere Kreisverbände sind selbständig. Wir als Bundesvorstand halten uns aus ihren regionalen Aktivitäten heraus, solange hierdurch die Grundsätze des Vereins nicht verletzt werden. Wir haben Verständnis dafür, dass man als Vater in einer derart prekären Lage die Contenance verlieren kann. Die Stimmen aus Köln werden manchmal laut und getroffene Aussagen einzelner sind nicht immer druckreif. Wir diskutieren diese Konflikte verbandsintern, allerdings halte ich die Vorwürfe, mit denen man bewusst versucht, Trennungsväter in die rechte Ecke zu drängen, für nicht haltbar und völlig überzogen.

 

 

Wie bewerten Sie dann den Redebeitrag der baden-württembergischen Politikerin Fridi Miller auf der Kundgebung des VAFK in Köln am 9. Juni?

 

Sie sprach von »organisiertem Kinderhandel« und »Brainwashing« durch Jugendämter. Wenige Wochen später geriet Miller in die Schlagzeilen, weil sie Tötungsabsichten gegen ihren früheren Wahlgegner, heute Oberbürgermeister von Sindelfingen, aussprach. Zur Rednerwahl möchte ich mich nicht äußern. Allerdings kann man nicht einen ganzen Verband in Sippenhaft nehmen, nur weil eine Person wie Fridi Miller auf einer Demonstration zugegen war. Ich bin der Meinung, dass man es in einem demokratischen Diskurs aushalten muss, wenn Vereinsmitglieder, zu denen Frau Miller nicht gehört, unterschiedlicher Meinung sind. Die Arbeit unseres Vereins lebt davon, dass wir uns — in all unserer Unterschiedlichkeit — miteinander aus-einandersetzen und dabei gute und möglichst einvernehmliche Lösungen für unsere Kinder finden.

 

 

In Köln diskutiert nun das Team des Bürgerzentrums Alte Feuerwache, ob der VAFK weiterhin seine Räume nutzen darf. Auf Bundesebene ziehen Sie keine Konsequenzen?

 

Was lokal zwischen dem Kreisverein und der Alten Feuerwache zu diskutieren ist, können wir nicht beurteilen. Dies ist eine Sache des Kreisvereins, nicht des Bundesvereins.

 

 

Der Väteraufbruch Köln unterstützt auch den »Gender Kongress«, der antifeministischen Rednern eine Bühne bietet. Oder sehen Sie darin auch nur eine Plattform für engagierte Väter?

 

In den letzten Jahren wurde durch die Organisatoren unprofessionell gearbeitet. Der VAFK und andere wurden als Unterstützer aufgeführt, ohne darüber informiert zu werden. Inhaltlich finde ich persönlich die Arbeit des Gender-Kongresses aber nicht so schlimm, als dass man sich darüber derart aufregen müsste. Wir brauchen eher einen fairen Diskurs, der beide Geschlechter berücksichtigt. Dafür braucht es auch ein Format, in dem die Bedürfnisse von Männern und Vätern zur Sprache kommen können.

 

 

In diesem Jahr feiert der Väteraufbruch für Kinder sein 30-jähriges Bestehen. Ist ein solcher Verein angesichts der politisch forcierten Gleichberechtigung von Elternschaft heutzutage überhaupt noch notwendig?

 

Auf jeden Fall. Gleichberechtigung ist heute noch ein Thema, das fast ausschließlich von der Frauenseite betrachtet wird. In unseren Beratungen beobachten wir häufig eine Schieflage — gerade in Bezug auf Elternschaft und die Sorge um ein gemeinsames Kind. Kommt es beispielsweise zu einer Trennung, wird die Rolle der Mutter in Sorgerechtsstreits oft stärker gewichtet als die des Vaters. Die Konsequenzen erleben wir in unserem Verband fast täglich. Ich habe während meiner Arbeit für den VAFK viele Fälle erlebt, in denen Vätern aus nicht nachvollziehbaren Gründen das Sorgerecht für ihr Kind entzogen oder der Umgang verweigert wurde. Die Tragweite dieser Entscheidungen muss man sich einmal vorstellen: von einem Tag auf den anderen sein Kind nicht mehr sehen zu dürfen, wo man gestern noch geliebter und liebevoller Vater war.

 

 

Versteht sich der Verein also vor allem als Sprachrohr für betroffene Väter?

 

Ja und nein. Wir setzen uns seit Beginn unseres Bestehens für eine gleichberechtigte Elternschaft ein. Unsere Politik ist das Wohl des Kindes, unser Motto lautet: »Allen Kindern beide Eltern«. Auf Bundesebene organisieren wir regelmäßig Veranstaltungen etwa mit dem Verband berufstätiger Mütter und Väter und sind aktiv auf Veranstaltungen zum Thema gleichberechtigte Elternschaft. In unsere Beratungen kommen aber vor allem Väter, die — aus welchen Gründen auch immer — vor allem nach einer Trennung in Not geraten sind und weiterhin aktiv in ihrer Elternrolle für ihr Kind bleiben wollen und sich gerade nicht vor der Verantwortung drücken.