Jungs, Sex, Party

Unwetterwarnung für Berlin. In Erwartung heftiger Gewitterregen wird das Kreuzberger Prinzenbad geräumt. Aber die Stimmung lassen sich Tanutscha, Mina und Klara deshalb nicht verhageln. Ablenkung gibt es genug im Kiez. Wo andere nur einen Brennpunkt mit Migrationsproblematik, Drogen- und Gewaltkriminalität sehen wollen, haben die drei ihren Spaß. Hier sind sie zu Hause.

Unverstellter Blick

Mit ihrem Langfilmdebüt hat Regisseurin Bettina Blümner den drei 15-Jährigen ein einfühlsames Porträt gewidmet. Ein ganzes Jahr begleitete sie die Freundinnen in ihrem Alltag, in Schule und Schwimmbad, durch Kneipen, Cafés und Parks, bei Gesprächen über Jungs, Sex, Ausgehen und Partymachen. Das Ergebnis ist kein repräsentatives Generationenporträt, aber ein exemplarischer und unverstellter Blick auf eine Jugend, die hinter den Zahlenkolonnen aus Pisastudien und Kriminalitätsstatistiken ihr Gesicht zu verlieren droht.

Sympathie für die Selbstdarstellerinnen

Den Dreharbeiten gingen intensive Gespräche mit den Selbstdarstellerinnen voraus. Blümner lässt ihnen viel Zeit, hält Distanz, aus der heraus die Mädchen sich aus eigenem Antrieb öffnen können. Keine bohrenden Fragen, keine resümierenden Off-Kommentare. Man entwickelt schnell Sympathie für die Protagonistinnen, ist angetan von ihrer unbekümmerten Lebensfreude und ihrem selbstbewussten Humor. Berliner Schnauze hoch drei. Klischees von Jugendbanden und Prügel-Schulen geraten aus dem Blickfeld. Und doch wirkt nichts geschönt. Soziale Spannungen werden selten explizit, aber sie begleiten den Film wie ein stetes Hintergrundrauschen.

Die Gefahren des Erwachsenwerdens

Tanutscha schildert ein Missbrauchserlebnis, Klara stand wegen Diebstahl vor Gericht. Alkohol ist ein ständiger Begleiter der Halbwüchsigen, die im Gespräch auch Erfahrungen mit härteren Drogen austauschen. Die allein erziehenden Mütter haben weitgehend kapituliert im Konflikt zwischen protektiver Rest-Autorität und den allgegenwärtigen Verlockungen und Bedrohlichkeiten des Großstadtmolochs. Erwachsenwerden ist hier mit besonderen Gefahren verbunden. Das verschweigen die Bilder nicht, auch wenn sie das Multikulti-Milieu in malerischen Einstellungen und trotzig-poetischen HipHop-Floskeln romantisieren.

Prinzessinnen geben sich nicht auf

Diese Jugendlichen mögen schwierige Perspektiven haben, aber sie geben sich nicht auf. Das zu zeigen, ist ein besonderes Verdienst des Films, der auf der Berlinale als bester Beitrag in der Reihe »Perspektive Deutsches Kino« ausgezeichnet wurde. »Vielleicht werde ich Pornostar. Oder Tierpfleger, keine Ahnung«, spekuliert Klara. Eine Prinzessin ist sie jedenfalls schon.

Prinzessinnenbad. D 07, R: Bettina Blümner, 93 Min., Radstadion Open Air am 26.7., Filmpalette, ab 27.7.