Bald mit zweitem Leuchtturm: Baustelle der Heliosschule in Ehrenfeld, Foto: Marcel Wurm

Bickendorfer Visionäre

An einem Interimsstandort hat die Helios-­Gesamtschule den Betrieb aufgenommen

Dort, wo Investoren gern ein Einkaufszentrum in der Größe der Köln-Arcaden gebaut hätten, sind die ersten Baumaschinen angerückt. Auf dem Helios-Gelände in Ehrenfeld haben im Mai dieses Jahres die Bauarbeiten für die geplante »Inklusive Universitätsschule« (IUS) begonnen. Sie wird als Leuchtturm-Projekt der bundesweiten Schullandschaft bezeichnet — eine Schule von der ersten Klasse bis zum Abitur, in der Kinder und Jugendliche nach reformpädagogischen Maßgaben »mit Kopf, Herz und Hand« gemeinsam lernen.

 

Rund 90 Millionen Euro wird der Bau mit Werkstätten, Projekträumen und »Lernlandschaften« kosten. Doch bis die ersten Schüler voraussichtlich zum Schuljahr 2023/24 dort einziehen können, muss die Schule zunächst auf Interimsstandorte ausweichen. In der Kaisersescher Straße in Sülz eröffnete bereits vor drei Jahren die Helios-Grundschule, am 30. August zum Beginn des neuen Schuljahres ging mit 108 Fünftklässlern nun auch die Gesamtschule an den Start. Sie teilt sich die Räume mit der Montessori-Hauptschule in Bickendorf. Den Kindern der IUS stehen sechs Räume und ein großer Flur zur Verfügung. »Es ist wie ein kleiner Campus, auf dem unsere Schüler und Schülerinnen selbständig Räume wechseln können«, sagt Schulleiter Andreas Niessen, der zusammen mit Anika Engel die »Inklusiven Universitätsschule« leitet.

 

Zehn Lehrkräfte und zwei pädagogische Mitarbeiter betreuen die Schüler hier derzeit, geplant ist, dass künftig auch Studierende die Lerneinheiten unterstützen. Zu Beginn jedes Schultages versammeln sich die Kinder morgens in ihren Stammgruppen, ähnlich einem Klassenverband, um über zurückliegende und bevorstehende Ereignisse zu sprechen oder kleine Spiele zu machen. In der darauf folgenden 90-minütigen Lernphase können sie im freien Arbeiten die Kernfächer Deutsch, Mathe und Englisch vertiefen, die Lehrer unterstützen sie dabei. Anschließend geht es in die Werkstätten zum Malen, Trickfilmen oder Spiele testen. Die Kinder verfügen alle über einen Tabletcomputer, der von der Stadt Köln finanziert wurde. Ein weiterer Baustein der Schule: Projektarbeiten in Kleingruppen. »Gemeinsam entwickeln unsere Schüler hier Forschungsfragen, beispielsweise zum Thema Ernährung.« Wer möchte, kann die auch bei Stadtspaziergängen im Veedel vertiefen — und mit ortsansässigen Experten Interviews führen oder diskutieren. 

 

Unter dem Motto »Bildungsraum als Lebensraum« war die »Inklusive Universitätsschule« bei ihrer Gründung angetreten. Gemeinsam mit der Initiative »School is open« der Universität Köln wollte man eine visionäre Schulform schaffen, in der flexible Lernphasen statt Frontalunterricht und eine individuelle pädagogische Begleitung den Alltag prägen. So sollten die Bedingungen dafür geschaffen werden, dass jedes Kind, gleich welcher Herkunft, welchen Alters oder Geschlechts, in seinem Lernen unterstützt werden kann. »Wir wollen einen Bildungsraum schaffen, der frei von Antisemitismus, Rassismus und geschlechtlicher Diskriminierung ist«, sagt Silke Kargl, Geschäftsführerin der bereits seit zehn Jahre aktiven Initiative »School is open«. 

 

Bevor die »Inklusive Universitätsschule« in ihren Neubau auf dem Helios-Gelände einziehen kann, steht jedoch ein weiterer Umzug bevor: Für das Schuljahr 2019/20 ist die Unterbringung in dem dann fertig sanierten, leer-stehenden Bau in der Overbeckstraße in Neuehrenfeld geplant. »Wir planen gerade auf Sicht«, sagt Andreas Niessen. »Als neue Schule an einem Interimsstandort muss man häufig spontane Entscheidungen treffen. Gerade das macht unsere Arbeit im Team aber so inspirierend.«