Am Ende des Regenbogens

Nachdem ein Antrag auf Erhöhung des Fördergeldes gescheitert ist, hat die neue CDU/FDP-­Landesregierung die Förderung des homochrom Filmfest ganz eingestellt. Ein Gespräch mit dem Festivalmacher Martin Wolkner

Welche Folgen hat die Streichung der Landes-Fördergelder für das Festival?

 


Es wird wahrscheinlich das letzte Festival sein, denn ich glaube nicht, dass die Förderer nächstes Jahr einsehen werden, was genau homochrom für Köln und NRW bedeutet, und ich habe mich in meinem Einsatz für homochrom genug verschuldet. Ohne Geld läuft halt leider nichts. Aber wer gibt Homos schon Geld? Selbst die BKM (Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Frau Monika Grütters, Anm. d. Red.) tändelt seit zwei Jahren herum, obwohl der Bundestag Fördergelder für die Queerfilmfestivals schon längst bereitgestellt hat.

 

 

Auch andere Kölner Filmfestivals zeigen Filme mit queeren Themen — das Frauenfilmfestival hat eine eigene Sektion dafür. Wofür braucht es ein eigenes Festival?

 


Andere -Kölner Festivals zeigen auch einen — wenn auch geringeren — Anteil an Frauenfilmen. Und auch wir zeigen Frauenfilme, ohne das Frauenfilmfestival obsolet zu machen. Aber tatsächlich ist die vermeintliche Queer-Abdeckung durch das Frauenfilmfestival eines der wichtigen Argumente des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft. Allerdings findet diese Sektion ja nur alle zwei Jahre statt und hat dieses Jahr sage und schreibe fünf Filmprogramme gezeigt. Damit kann doch ganz offensichtlich nicht das ganze queere Filmschaffen, geschweige denn die Breite des LSBTIQ-Spektrums abgedeckt sein. Bei unserer repräsentativen Umfrage von 2015 gaben 7 von 504 Personen an, ebenfalls das Frauenfilmfestival zu besuchen. Die Publikumsüberschneidung ist also denk-bar gering. Ich weiß aber nicht, welche Förderer die Auswertung unserer Umfrage wirklich gelesen haben.

 

 

Wofür braucht es also das Filmfest homochrom?

 


Um queeren Film zu feiern  — und dafür braucht es meiner Meinung nach keine Berechtigung. Und um dem breiten queeren wie auch heterosexuellen Publikum Film und Themen zugänglich zu machen, die sonst nicht im Kino, im Fernsehen und bei anderen Festivals zu sehen sind. Das Filmfest homochrom ist spezialisiert auf solche Filme. Von den 23 längeren Filmen letztes Jahr hat diesen August gerade mal jeder vierte Film einen deutschen Verleih gefunden, 6 Filme waren letztes Jahr auch in Münster zu sehen, aber 9 oder 10 unserer Filme wären ohne das Filmfest homochrom vermutlich nie irgendwo in Deutschland zu sehen gewesen. Wenn meine Programmplanung aufgeht, werden dieses Jahr 16 von circa 23 mittellangen und Langfilmen erstmals (und vielleicht einmalig) in Deutschland zu sehen sein.

 

 

»Queeres« Filmschaffen ist ein weites Feld: von großen Mainstream-produktionen bis zu Undergroundfilmen. Welches Profil hat das Festival?

 


Weil es seit 2009 die monatliche Filmreihe homochrom gibt, bei denen hauptsächlich Filme mit deutschem Verleih laufen, ist das Filmfest homochrom auf queere Filme ohne Verleih ausgerichtet. Das können auch mal teurere Produktionen mit größeren Stars sein, wenn wir sie bekommen, aber viele von denen wollen lieber in mainstreamigere Festivals und finden ohnehin leichter einen deutschen Verleih, die auch lieber versuchen, diese Filme mainstreamiger und möglichst unqueer zu vermarkten. Die Filme im Filmfest homochrom sind so hochwertig und gehaltvoll wie möglich, aber eher kleinere Produktionen oder solche mit nicht allzu massentauglichen Themen, für die sich queere Filmemacher eingesetzt haben, weil es ihnen ein wichtiges Anliegen ist.

 

8. Filmfest homochrom: 16.–21.10., Filmforum NRW, Programm: homochrom.de

 

 


homochrom 

 

Das Programm des diesjährigen homochrom-Filmfestivals präsentiert wieder ein breites Spektrum queeren Filmschaffens aus aller Welt. Etwa die spanische Handycam-Doku »I hate New York« von Gustavo Sánchez mit Musik von Aus-nahmeproduzent Acra. Die Transgender-Doku porträtiert schillernde Underground-Figuren und ihre Hassliebe zu NY, wie die vom Ruhm vergangener Tage lebende Amanda »fantastic plastic« Lepore oder Sophia Lamar, die die Gegenwart feiert (»Nostalgie ist etwas Privates, wie Masturbation!«). Oder die lesbischen Coming-Of-Age-Filme wie »The Miseducation of Cameron Post« von Desiree Akhavan, der im Januar beim Sundance Premiere feierte, oder den österreichischen »L’Animale« von Katharina Mückstein, der auf der Berlinale zu sehen war. Im letzteren steht Mati (Sophie Stöckinger) kurz vor der Matura, hängt aber am liebsten mit ihren Kumpels im Steinbruch ab und fährt Motocross-Rennen. Als sie sich in eine Mitschülerin verliebt, wird klar, dass sie nicht die einzige in ihrer Familie ist, die sich sexuell neu orientiert. Um neue sexuelle Freiheiten geht es auch Lenora und Arlan. In der poetischen Kickstarter-Produktion »Deep Sky« von Frazer Bradshaw verliebt sich das amerikanische Pärchen in die deutsche Architektin Nina (Luise Helm). Besonderes Highlight des Festivals ist die Deutschland-Premiere von »Evening Shadows« von Sridhar Rangayan. Rangayan wird anwesend sein und über seinen Kampf gegen den kürzlich abgeschafften Strafparagrafen, der in Indien Homosexualität kriminalisierte, berichten.