»The Man Who Killed Don Quixote«

Terry Gilliams Adaption der Geschichte von Don Quixote ist aus der Zeit gefallen

Das Projekt hätte Terry Gilliams Schicksalsfilm werden können. Ein Vierteljahrhundert hat der britische Kino-Querkopf in »The Man Who Killed Don Quixote« gesteckt, mehr als einmal wurde das Mammutprojekt für tot erklärt. La Mancha, so schien es, sollte Gilliams Waterloo werden. Umso größer die Freude, dass es ihm doch noch gelungen ist, »Quixote« mit leichter Verspätung auf seine Rosinante zu hieven. Dass es sich dabei keineswegs nur um eine weitere Verfilmung von Miguel de Cervantes’ Schinken von 1605 handeln wür-de, dürfte Kennern seines Œuvres klar gewesen sein. War Cervantes bereits ein Vorreiter postmodernen Erzählens, so dreht Ex-Python Gilliam den Zeiger der Metafiktion noch ein paar Zacken weiter. 

 

So geht es in seiner »Adaption« zunächst um den schnöseligen Werbefilmer Toby (Adam Driver), der den mit Windmühlen kämpfenden Ritter als Reklamefigur zum Schnapsverkauf missbraucht und zwischen den Takes in der spanischen Einöde dem Zynismus huldigt. Als er, einer Laune folgend, ein nahe gelegenes Dorf aufsucht, in dem er als junger Filmstudent einen experimentellen Quixote-Kurzfilm gedreht hatte, stößt er auf den ehemaligen Schuhmacher (Jonathan Pryce), den er damals den Quixote spielen ließ. Dieser fand seitdem nicht aus seiner Rolle hinaus, hält sich noch immer für den wahren Quixote und steckt Toby bald schon mit seinem Wahn an.

 

Allein die Tatsache, dass ein durch so viele Täler getragenes Projekt noch immer eine Ahnung der einstigen Dringlichkeit vermittelt, ist beachtlich. Aber mehr als einmal fragt sich der Betrachter, wie das fertige Produkt wohl aussähe, hätte Gilliam es auf der Höhe seiner inszenatorischen Vitalität fertiggestellt. Nicht selten glaubt man, seinem letzten Quixote-Anlauf eine gewisse Hektik anzumerken. Ganz so, als wollte er sein Herzensprojekt abdrehen, bevor wieder etwas schief geht. Alles ging gut, doch kam ihm der Film dabei abhanden. 

 

Wäre »Quixote« zum Zeitpunkt seiner Konzeption Ende der Neunziger noch als Plädoyer für die Flucht des freien Geists vor Big-Money-Zwängen und als Ballade zum Untergang des Kinos zu lesen gewesen, wirkt diese Botschaft heute aus der Zeit gefallen. Erzählkino alter Schule ist schon lange so gut wie tot, und die Realitätsflucht ist Alltag geworden. Wenn Quixote dieser Tage die vierte Wand durchbricht, blickt er auf ein Publikum, dem es nicht anders geht als ihm. Heute sind alle ein bisschen Qui-xote, wenn vor lauter Content, Fakten und Gegenfakten das Hirn austrocknet und man nicht mehr weiß, ob man es gerade mit Riesen oder Windmühlen zu tun hat. Wenn Gilliams »Quixote« eine -Warnung sein sollte, kommt sie zu spät.

 

 

 

The Man Who Killed Don Quixote, E/GB/B/P 2018, R: Terry Gilliam, D: Jonathan Pryce, Adam Driver, Olga Kurylenko 132 Min. Start: 27.9.