Foto: Manfred Wegener

Systemwechsel mit Hindernissen

Ab August gibt es in Köln Offene Ganztagsschulen statt Horte – doch einige wehren sich gegen ihre Auflösung

»Die Kinder haben auf den Tischen getanzt«, beschreibt Erzieherin Marianne Jestädt-Lange den Tag als das Urteil aus Münster kam. Das dortige Oberverwaltungsgericht hatte am 19. Juni beschlossen, dass dem Hort am Kölner Stadtgarten bis zum Jahresende noch ein Betriebskostenzuschuss zusteht – obwohl damit am 31. Juli eigentlich Schluss sein sollte. So jedenfalls sahen es die Planungen der Stadtverwaltung vor, denn ab August findet in Köln das statt, was die Kölner Bildungsdezernentin Agnes Klein (SPD) »einen Systemwechsel« nennt: von den Horten zur Offenen Ganztagsschule (OGTS) an Grundschulen.

Konzept von Rot-Grün

Dieser Wechsel markiert das Ende einer bildungspolitischen Debatte, die 2003 von der damaligen rot-grünen NRW-Landesregierung ausging und seither mit reichlich Verve geführt wird. Damals hatte Rot-Grün ein neues Konzept für die nachmittägliche Kinderbetreuung beschlossen. Statt den Horten, die »ein kleines, feines Angebot für wenige Kinder sind«, so Agnes Klein, sollte im ganzen Bundesland die OGTS eingeführt werden: »ein qualifiziertes Angebot für viele Kinder in Kooperation mit freien Trägern«. Die Zahlen geben Klein Recht: In Köln gab es 290 Hortgruppen, in denen 5.800 Kinder untergebracht waren. Ab August werden 17.450 Plätze in 161 Grundschulen zur Verfügung stehen – damit sind rund die Hälfte der Kölner Grundschulkinder mit einem Ganztagsplatz versorgt.

Die damalige CDU-Opposition im Landtag lehnte die Pläne zur OGTS ab. Noch während des Wahlkampfs im April 2005 sagte der heutige NRW-Minis­ter­prä­si­dent Jürgen Rüttgers (CDU): »Was mich stört, ist, dass offene Ganztagsschulen eingerichtet werden und dafür Kinderhorte geschlossen werden.« Doch seit die CDU im Mai 2005 selbst an die Regierung kam, führt sie den geplanten Umbau vom Hort zur OGTS selbst konsequent weiter.

Zuschüsse bis Ende 2007

Die Stadt sei jedoch bei der Umsetzung der bildungspolitischen Landesvorgaben »weit übers Ziel hinausgeschossen«, sagt Rechtsanwalt Ingo Krampen, der den Hort am Stadtgarten vertritt. Tatsächlich werden die Landesmittel, aus denen die bisherigen Horte unter anderem bezahlt werden, erst im Haushalt 2008 gekürzt. Darauf beruft sich das OVG Münster, und deshalb wird der Hort bis Ende 2007 seine Zuschüsse weiter bekommen.

Die Gelder würden selbstverständlich ausgezahlt, sagt Agnes Klein. Doch von einer Bezu­schussung übers Jahresende hi­naus will Klein nichts wissen. Auch der Ansicht, dass das Urteil für andere Kölner Horte maßgeblich sein könnte – vier wei­tere haben Klage eingereicht – schließt sie sich nicht an: »Nächs­tes Jahr läuft die Finanzierung vom Land endgültig aus«. Es sei keinesfalls möglich, die dann fehlenden Mitteln mit kommunalen Geldern zu kompensieren – 42 Prozent der Hortmittel stammen sowieso schon aus den kommunalen Kassen.

Eine Verständigung jenseits gerichtlicher Auseinandersetzun­gen scheint in weite Ferne gerückt. Dabei gab es vor drei Jahren durchaus mal Bemühungen, miteinander zu reden. Auch konkrete Vorschläge vonseiten der Stadtverwaltung habe es gegeben, so Agnes Klein: »Es gab etwa das Angebot, dass die Horte rund um den Stadtgarten, alle nahe der Montessori-Schule in der Gilbachstraße, einen Verbund bilden und eine Trägerschaft für die Offene Ganztagsschule vor Ort übernehmen.«

Kooperation anstelle von Basiskräften

Das aber wurde von den Horten strikt abgelehnt. Mit den zur Verfügung stehenden Geldern sei keine qualitativ hochwertige Betreuung zu gewährleisten, so die grundsätzliche Kritik der Hortbefürworter. Man sei nicht prinzipiell gegen die OGTS, sagt Christian Döring, Elternvertreter des Hortes am Stadtgarten, doch eben nur, wenn bestimmte Qualitätsstandards eingehalten werden. Die Skepsis aber ist groß: Der sogenannte Betreuungsschlüssel ist in der OGTS schlechter als in den Kinderhorten – der Hort am Stadtgarten etwa beschäftigt drei Erzieherinnen in Vollzeit für zwanzig Kinder. In der OGTS kommen auf 25 Kinder zwei »Basiskräfte« – von denen eine die entsprechende pädagogische Ausbildung haben muss.

Der Vergleich hinkt jedoch insofern, als dass die OGTS im Unterschied zum Hort eine Ko­operation zwischen Schule, Trägervereinen und freier Jugendhilfe vorsieht und vielfältige Angebote bereitstellen soll: Musikunterricht in Zusammenarbeit mit Musikschulen, Sportangebote in Kooperation mit Vereinen.

Verhaltener Optimismus

Ob die Kinder im Hort am Stadtgarten auch nächstes Jahr noch mal auf den Tischen tanzen können, ist indes unklar. Während Agnes Klein sicher ist, dass die Horte nächstes Jahr keine öffentlichen Gelder mehr bekommen werden, ist die Gegenseite verhalten optimistisch – und beharrlich: »Wir werden die Gelder immer wieder einklagen«, sagt Christian Döring.