Dieses tragische Verlangen

Die Ausstellung Posthum — Cologne Fake Art stellt einen wundersamen Nachlass vor

Ein Architekt stirbt hoch betagt in einer Nachbarstadt Kölns. In seinem Nachlass findet sich eine immense Sammlung von Werken der klassischen Moderne. Die Kunst war seine Passion, jedoch nicht das Sammeln derselben. Die Werke stammen vom Architekten selbst, der hier namentlich ungenannt blei-ben-de malte sich sein eigenes Museum. Bereits in den späten 40er Jahren fertigte er mit feinem Strich farbige Modezeichnungen in kleinem Format an. Sie illustrieren eine geradezu zarte Hinwendung zum Sujet, wie auch das Gefühl neuer Freiheiten. Ob er sie auskostete?

 

Wenig ist über das Leben des Architekten bekannt, doch bezeugen diese und weitere, etwas später ent-standene Tuschzeichnungen ein Talent, welches sich entfalten will und doch einer Karriere untergeord-net wird. Bald beginnt er mit Kopien der Klassischen Moderne: Kleiner im Format, doch von einem präzisen Blick geprägt, der es dem Künst-ler ermöglicht, die so unterschiedlichen Stilistiken von Degas, Monet, Chagall oder Kirchner abzubilden, ohne den Malstil der Vorbilder nach-zuahmen. Die Werke schmü-cken das Haus, werden also nicht ohne selbstbewussten Stolz gezeigt. Als die Wände nicht mehr ausreichen, wird eine leere Garage behangen.

 

Nach seinem Tod gibt es keine Verwendung für diese Kunst, ein ent-fernter Bekannter der Familie nimmt sich ihrer an. Nun werden 60 Leinwände und 20 Zeichnungen an den hohen Wänden von DYNAMI-TE, dem neuen Showroom des Strze-lecki-Books Verlags, in Petersburger Hängung gezeigt, zum Teil sind sie verkäuflich.

 

Die meisten Werke überzeugen, ja verblüffen in ihrer Qualität. Die vielfach nachgemalten Felder Van Goghs: Selten erschienen sie so präsent und richtig. Dabei überzeugt nicht die Exaktheit der Kopie, sondern etwas Anderes, vielleicht eine Sehnsucht, die man in den Blicken der Renoir- oder Gauguin-Figuren zu erahnen meint. Dieses tragische Verlangen nach einer Zeitmaschine in die Hochmoderne (die Poptheorie würde von Retromanie sprechen) ist in diese Kunst auf subtile Weise eingeschrieben. Es ist das Schaffen eines Romantikers, vielleicht auch das Zeichen einer Tragödie, jedenfalls keine im Internet zu ordernde »professionelle Kunstkopie«. Vielmehr sind es mitunter offenbar in-ten-dierte Variationen, die einer besseren Zeit nachspüren und die Verzweiflung bebildern, zu spät gelebt zu haben. Die Moderne eilte einst voran, hier hielt einer inne. Und ja, wer wird je die Kunst unserer Tage kopieren?