12. Kurzfilmfestival Köln

Ein Kurzfilm ist wie eine geschenkte Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man bekommt und sie ist meist schneller weg, als man denkt. In Zeiten, in denen der Langfilm Abnutzungserscheinungen zeigt, lohnt ein Blick auf den Kurzfilm, bei dem sich für Filmemacher wie für Zuschauer neue Wege auftun.

 

Aus Tausenden Einsendungen wählte das Sichtungsteam des Kölner Kurzfilmfestivals dreißig Filme aus, die von klassischer Fiktion über Dokumentarfilme und Animationen bis zu Experimenten fern der konventionellen Form reichen. Alexandra Gerbaulet durchleuchtet in »Schläferin« die Lebensgeschichten unscheinbarer Frauen aus kleinbürgerlichen Milieus, die im Alter zu Mörderinnen wurden; das Kollektiv Neozoon präsentiert mit »Love Goes Through The Stomach« ein polemisches Doku-Essay über exzessives Konsumverhalten, das schwer im Magen liegt.

 

Wieder andere Werke fordern beim Sehen viel Aufmerksamkeit ein. Sylvia Schedelbauers experimenteller Bildersturm »Wishing Well« dürfte viele Zuschauer an die Grenzen der Aufnahmefähigkeit führen. Jens Pechos Kurz-Essay »Three Casualties« meditiert am Beispiel dreier tödlich verlaufener Filmstunts über Realität und Schein im Bilderwust. Sie zeigen: Medienkompetenz ist nicht nur für die Entschlüsselung filmischer Unterhaltung Trumpf. Heutzutage ist es schwer, nicht in der täglichen Bilder- und Informations-Flut unterzugehen. So unterschiedlich die Ästhetik der Filme sein mag, so sehr ähneln sich viele der präsentierten Arbeiten in ihrem Anspruch, dem Publikum eine Auseinandersetzung mit dem Konsum von Bildern, Geschichte und Realität abzuverlangen.

 

Das klassische Geschichtenerzählen rückt beim diesjährigen Kurzfilmfestivel etwas in den Hintergrund. Trotzdem gibt es auch erzählerische Kunstgriffe. In Feyrouz Serhals »Tshweesh« vermischen sich alle Gattungen zu einer unterkühlten Stilübung im Genre »Ruhe vor dem Sturm«. Ausgerechnet die Animationsbeiträge tragen derweil die Fackel klassischen Geschichtenerzählens hoch, was sich sowohl in Jon Frickeys introvertierter Kindheitsgeschichte »Cat Days« als auch in »Obon«, André Hörmanns und Anna »Samo« Bergmanns poetischer Ballade über die Erinnerungen an den Atombombenangriff auf Hiroshima, zeigt. Doch einfach auserzählt ist auch hier nichts.