Antrag angenommen: Aktion Standesamt im Haus Neuerburg, Foto: Marcel Wurm

Im Namen des Bundeseinhorns

Die »Aktion Standesamt« drängt auf eine Änderung des Geschlechtseintrags

 

Auf dem Kölner Standesamt gibt es jetzt Geburtsurkunden mit Bundeseinhorn. Sie sind für Menschen reserviert, die ihren Geschlechts-eintrag ändern oder streichen wollen. Mitte Oktober stellten rund drei Dutzend von ihnen den entsprechenden Antrag. Entgegen genommen haben ihn Angelika Barg, Leiterin des Standesamts Köln, und der grüne Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann. »Herzlichen Glückwunsch zum neuen Geschlechtseintrag«, gratulierte er.

 

Die Antragstellung war Teil der »Aktion Standesamt 2018«. In 102 deutschen Städten haben Menschen einen Antrag auf Änderung oder Streichung des Geschlechts-eintrags gestellt. Vorbild war eine Aktion aus dem Jahr 1992: Damals hatten Lesben und Schwule Anträge auf Heirat gestellt, um für die »Ehe für alle« zu demonstrieren.

 

»Es gehört viel Mut dazu, einen Antrag für die Änderung des Geschlechtseintrags abzugeben«, erklärt Merit Kummer, die beim Rubicon in der Beratung von trans*Menschen tätig ist. Nicht nur werden auf dem Antragsformular Entscheidungen verlangt, die 15 verschiedene Paragraphen betreffen. Eine Änderung oder Löschung des Geschlechtseintrags habe auch Folgen »bei der Bewerbung, oder wenn man in Gewahrsam genommen wird«. Die Aktion Standesamt 2018 fordert daher ein geändertes Personenstandgesetz.  

 

»Der Eintrag zum Geschlecht soll so lang wie möglich offen bleiben«, sagt Sarah Dionisius von der Aktion Standesamt. Erst mit 14 Jahren solle das Geschlecht verbindlich werden, fordert die Initiative. Dann solle man frei wählen können. Bislang ist das nicht vorgesehen. Im Oktober wurde im Bundestag der erste Entwurf für die Neufassung des Personenstandgesetzes debattiert. Bislang steht dort, dass lediglich Personen ihren Geschlechtseintrag ändern können, deren Intersexualität durch ein ärztliches Gutachten bestätigt wurde. »Das pathologisiert die Betroffenen«, sagt Sarah Dionisius. 

 

»Wir werden in den Ausschüssen weiter auf Änderungen am Gesetz drängen«, sagt Sven Lehmann von den Grünen. Sie durchzusetzen dürfte schwierig sein. Im Bundestag und seinen Ausschüssen verfügen die Grünen über keine Mehrheiten. Auch über den Bundesrat werden sie keinen Einfluss nehmen können, obwohl sie in neun Bundesländern mitregieren: Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Die Zeit drängt: Spätestens zum 31. Dezember muss das neue Gesetz in Kraft treten.

 

Sarah Dionisius hat sich auf ihrer symbolischen Geburtsurkunde übrigens für »Queer femme« entschieden. »›Queer‹ bedeutet Geschlechtszuschreibungen zu unterlaufen«, erklärt sie. »Und ›femme‹, also weiblich, kann man auch sein, ohne dass man biologisch eine Frau ist.« Ihren Geschlechtseintrag will sie streichen lassen.