Yael Reuveny (rechts) sucht die Geschichte ihrer Familie in »Schnee von gestern«, Foto: © Film und Kontext

Terror mit Roten Funken

»Köln im Film« zeigt eine sehenswerte Reihe zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome

 

Es gibt kaum Bilder von der Nacht, die den Beginn des offenen Terrors gegen Juden markierte. »Auch aus Köln nicht«, sagt Marion Kranen von der Initiative Köln im Film. Umso aufschlussreicher sind die Fernsehbeiträge aus dem WDR-Archiv, die Kranen und ihre Kollegen für eine Filmreihe zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht zusammengetragen haben. Darin schildern Augenzeugen ihre Erinnerungen an die Nacht. 

 

Eine Zeitzeugin erzählt, wie der Karneval am 11.11.38 vor der Kulisse der niedergebrannten Synagogen seine Inauguration feierte und die Roten Funken in den Scherben für das Winterhilfswerk sammelten.

 

In Zeitungsannoncen warben Geschäfte mit dem Slogan »Jetzt arisch!« für sich, nachdem jüdische Ladenbesitzer ihr Eigentum weit unter Wert hatten verkaufen müssen. Auch das Gesundheitsamt am Neumarkt, dessen Inneres heute labyrinthartig verbaut ist, gehörte einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Auf historischen Aufnahmen ist das einst prächtige Interieur des Kaufhauses Bing zu sehen. 

 

Die aus verschiedenen Jahrzehnten stammenden Aufnahmen zeigen auch, wie die bundesrepublikanische Gesellschaft das Geschehen noch lange Zeit verharmloste oder verdrängte, und wie der Judenhass fortbestand. So wurde an Heiligabend 1959, nur wenige Monate nach ihrer Wiedereröffnung, die Synagoge an der Roon-straße mit Hakenkreuzen beschmiert. Ein Vorfall, der Bundeskanzler Konrad Adenauer über »Lümmel« schimpfen ließ, als handle es sich um Lausbubenstreiche, der aber auch das Gesetz gegen Volksverhetzung nach sich zog. In einer Umfrage von 1966 fragt ein Reporter Passanten, ob sie wüssten, was in der »Reichskristallnacht« geschehen sei. Viele Angesprochene lachen daraufhin verschämt, als habe man sie nach dem Geschehen in ihren Ehebetten gefragt.

 

Ein Beitrag zeigt Szenen der ersten Gedenkveranstaltung in Köln, die 1968 stattfindet. »Nie wieder Kristallnacht!«, ruft der Sozialist und Journalist Walter Fabian. Erst zehn Jahre später wird der 9. November zum bundesweiten Gedenktag. Neben Filmen von Michael Verhoeven (»Menschliches Versagen«), Yael Reuveny (»Schnee von gestern«) und Miriam Jakobs (»Mit Büchern auf der Flucht«), die jüdische Lebensgeschichten nach dem Holocaust erzählen, zeigt der Film »Innenansichten« den Alltag Nazi-Deutschlands im Jahr vor den Novemberpogromen. Die Aufnahmen des US-amerikanischen Dokumentarfilmers Julien H. Bryan zeigen ein Land, in dem Diskussionen tabu und alle nur darauf bedacht sind, nicht aufzufallen.