Blühende Landschaften: der Gemeinschaftsgarten Neuland in Bayenthal, Foto: Manfred Wegener

Öko und stolz darauf

Diesen Monat starten wir ein neues Ressort. Was soll das eigentlich?

Köln ist grün. Unter den deutschen Großstädten liegt Köln zwar weit unter dem Durchschnitt, was die Flächen mit Vegetation angeht, und kann noch froh sein, dass Konrad Adenauer einen Grüngürtel durch die Betonmassen gezogen hat. Trotzdem oder gerade deswegen gedeiht es an anderer Stelle: Das zivilgesellschaftliche Interesse für grüne Themen in Köln wächst.

 

Cafés führen Pfand für Coffee-to-go-Becher ein, weil die Politik keine Lösungen findet, um den Müll von tausenden Pappbechern pro Tag zu vermeiden. In der Zero-Waste-Bewegung gehen Einzelhändler aus der Südstadt, Ehrenfeld und Sülz voran, die nicht nur unverpackt verkaufen, sondern auch unverblümt erklären, welche Folgen Verpackungsmüll für Umwelt und Gesellschaft hat. In Kalk und Bayenthal sind Urban-Gardening-Projekte auf Industrie-brachen entstanden. Zahlreiche Bürgerinitiativen setzen sich für Grünflächen und Bäume ein, wenn diese für Infrastruktur oder Wohnraum weichen sollen. In Köln haben sich mittlerweile weltweit bekannte Labels für nachhaltige Mode gegründet. Und in Ehrenfeld werden Lebensmittel verkauft, die im Abfall landen sollen, weil sie nicht den Vorstellungen der Industrie entsprechen. Eine Kölner Initiative sollte für ihren kostenlosen Lastenrad-Verleih den Deutschen Nachbarschaftspreis erhalten und lehnte ihn ab, weil sie die Vorstellung von Nachbarschaft des Schirmherrn Horst Seehofer nicht teilt. Apropos Nachbarschaft: Eine andere Initiative macht einmal im Jahr ganze Veedel für einen Tag autofrei, um ohne Abgase und mit viel Platz die Stadt zu erleben.

 

Die Aufzählung ließe sich lange fortsetzen. Das Engagement für grüne Themen, für Nachhaltigkeit, Natur oder Umwelt, ist in Köln groß und divers. In Zeiten, in denen sich Leugner des menschengemachten Klimawandels wieder öfter zu Wort melden und durch US-Präsident Donald Trump oder den AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland politische Unterstützung erfahren, lohnt der Blick vor die eigene Haustür. Er kann heilsam sein.

 

Wo dieser Blick hingehen sollte, zeigen wir künftig monatlich auf den »Grünen Seiten«. Dass wir das neue Ressort beginnen, kurz nachdem 50.000 Menschen ins Rheinische Braunkohlerevier gepilgert sind, um gegen die Braunkohleverstromung und für den Erhalt des Hambacher Walds zu demonstrieren, ist ein Zufall. Ein sehr passender aber allemal.

 

 

 

 

Stromanbieter wechseln

 

Der Markt für Stromanbieter gilt als träge. Derzeit aber ist er so stark in Bewegung wie seit der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 nicht mehr. Im Zuge der Proteste im Hambacher Wald haben Initiativen unter dem Hashtag #BoykottRWE dazu aufgerufen, den Energieanbieter zu wechseln. Zahlreiche RWE-Konkurrenten wuchsen zuletzt enorm. Doch mit der Verbrauchermacht ist das so eine Sache: Die Energieriesen RWE, E.ON und Vattenfall halten Beteiligungen an zahlreichen Firmen, RWE etwa an Innogy. Zudem besitzen einige Kommunen Anteile an RWE. Wer als Verbraucher sicher sein will, dass er keinen Kohle- oder Atomstrom bezieht, fährt mit etablierten Ökostromanbietern gut. Öko-Test erklärt in seinem aktuellen Sonderheft »Energie«, mit welchen Anbietern und Tarifen man die Energiewende als Verbraucher beschleunigen kann.

Öko-Test Spezial »Energie für alle«, oekotest.de

 

 

Außen grün, innen Zuschuss

 

Für Fassadenbegrünung haben sich lange Zeit nur Leser von Gartenzeitschriften interessiert. Mittlerweile sind bepflanzte Gebäude fester Bestandteil städtischer Umweltpolitik. Sie verbessern das lokale Klima, halten Regenwasser zurück und schaffen Lebensraum für Tiere. Auch Köln soll grüner werden. Mit dem Förderkonzept »Grün Hoch 3« können sich Anwohner in dicht besiedelten Stadtgebieten die Begrünung ihrer Dächer, Fassaden und Innenhöfe bezuschussen lassen. Die Stadt übernimmt bis zu 50 Prozent der Kosten, maximal 20.000 Euro pro Antragsteller und Jahr. Dass der Beschluss im Stadtrat trotz der Kosten von insgesamt drei Mio. Euro einstimmig ausfiel, mag auch am »Jahrhundertsommer« gelegen haben. Die entscheidende Sitzung fand im Juli statt, inmitten der quälenden Hitze.

Infos auf: stadt-koeln.de/service/produkt/gruen-hoch-3

 

 

Gutes Essen für alle

 

Valentin Thurn ist ein Pionier. Der Filmemacher und Journalist hat 2016 in Köln den deutschlandweit ersten »Ernährungsrat« gegründet. Das klingt nach politischem Gremium, soll aber eine soziale Bewegung werden. Sie fordert Ernährungsdemokratie: Produzenten und Verbraucher, nicht die Industrie sollen entscheiden, was auf unseren Tellern landet. Zusammen mit Gundula Oertel und Christine Pohl vom Ernährungsrat Berlin hat Valentin Thurn in »Genial Lokal« sein Wissen über Ernährungsräte gebündelt. Entstanden ist eine Mischung aus Sachbuch, das die Vorteile regionaler Lebensmittelversorgung aufzeigt, Streitschrift mit einer klaren Forderungen (»Alle Macht den Räten!«) und Ratgeber. Was fehlt, ist die Fußnote, dass sich der »Ernährungsrat Köln und Umgebung« bisher selbst noch etwas schwertut.

 

»Genial Lokal. So kommt die Ernährungswende in Bewegung«, 288 Seiten, Oekom Verlag, 20 Euro

 

 

Nachhaltige Zukunft

 

Die Stadt erarbeitet derzeit die »Kölner Perspektiven 2030«. Das »Bündnis Kommunale Nachhaltigkeit Köln« und das Projekt »Köln: global — nachhaltig« vom Allerweltshaus weiß längst, wie Köln 2030 aussehen sollte. Die Initiativen haben 17 »Sustainable Development Goals« (SDG) aufgestellt, mit denen die Stadt zu einer nachhaltigeren und gerechteren Welt beitragen kann. Saubere, bezahlbare Energie gehört ebenso dazu wie Geschlechtergerechtigkeit oder gute Bildung. Am jährlichen SDG-Tag diskutieren die Initiativen ihre Pläne mit Bürgern, aber auch mit Vertretern der Stadt. Am Vormittag findet eine Podiumsdiskussion zur Frage »Wie kann Nachhaltigkeit in der Kölner Stadtstrategie verankert werden?« statt, am Nachmittag gibt es Workshops.

koelnglobal.de