Die Zukunft Kölns: ein Acker im Kölner Norden, Foto: Marcel Wurm

Das Kreuz mit dem Feld

Der Stadt- und Architekturtheoretiker Andreas Denk von der TH Köln über den

neuen Stadtteil Kreuzfeld im Kölner Norden

 

Erste Pläne für einen neuen Stadtteil Kreuzfeld im Kölner Norden gab es bereits in den 70er Jahren. 1993 fand sogar ein städtebaulicher Wettbewerb statt, um die Ackerfläche westlich von Blumenberg zu bebauen. Doch die Pläne verschwanden in der Schublade. Nun nimmt Köln neuen Anlauf: Im Mai erklärte OB Henriette Reker, sie wolle Kreuzfeld endlich entwickeln, um die Wohnungsnot in Köln zu lindern. Im Dezember könnte der Rat bereits über erste Schritte entscheiden. 

 

 

 

Herr Denk, die Kölner Stadtplaner beschäftigen sich wieder mit dem Kreuzfeld. Haben Sie ein paar Tipps für sie?

 

Sie sollten gut überlegen, wie das neue Kreuzfeld zu einem integrierten Teil der Stadt werden kann. Das Kreuzfeld grenzt an Blumenberg, eine Siedlung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern aus den 80er Jahren. Im Westen sind dörfliche Stadtteile wie Weiler oder Roggendorf, und im Südosten liegt die von Band- und Hochhausarchitektur geprägte Großsiedlung Chorweiler. All diese Stadtteile bergen Potenziale, haben aber auch Defizite. Hier könnte eine Ergänzung zwischen den unzusammenhängenden Stadtteilen als Bindeglied fungieren.

 

 

 

Ihre Studierenden haben sich vor drei Jahren mit dem Kreuzfeld befasst, mit den Menschen gesprochen und Daten erhoben. Welche Potenziale und Defizite haben sie gefunden?

 

In Blumenberg gibt es unterschiedliche Bautypen, eine Ökosiedlung, auch Baugruppen. Die Ausgangssituation ist gut, aber Blumenberg hat die typischen Mängel der Vorstadt. Man kann dort nicht einkaufen oder ins Restaurant gehen. Die Bewohner betrachten Blumenberg als Schlafstadt, es fehlt im großen Ganzen an Identität und Gemeinschaftsgeist. 

 

 

 

Und in Chorweiler?

 

Dort sind es eher die Wohnstrukturen der Großsiedlung, die immer wieder bemängelt werden. Sie erscheinen auf den ersten Blick hermetisch, bieten aber durchaus gute Wohnlagen, die sich weiterentwickeln lassen. 

 

 

 

Welche Ideen haben Ihre Studierenden daraufhin entwickelt?

 

Viele schlugen vor, Blumenberg im Süden zu erweitern und damit eine bauliche Verbindung zu Chorweiler zu schaffen. 

 

 

 

Sie wollten also gar nicht auf dem Kreuzfeld bauen, wie die Stadt vorsieht?

 

Nein. Nur wenige wollten das Feld selbst angreifen. Das war das Resultat zahlreicher Gespräche mit Bürgern in Weiler und Blumenberg, die das Kreuzfeld als Naherholungsgebiet und Frischluftzone sehr schätzen. Man sollte sich gut überlegen, ob man einen weiteren Stadtteil auf die grüne Wiese setzen will, der wieder dieselben infrastrukturellen Probleme mit sich bringt und wie Chorweiler und Blumenberg. Ergebnis der meisten Studienarbeiten war jedenfalls, dass das Gebiet zwischen Blumenberg und Chorweiler die Möglichkeit bietet, die vorhandenen Strukturen zu integrieren oder sogar zu verbessern, damit ein neues Stück Stadt entsteht, und nicht nur ein weiterer städtischer Vorort.

 

 

 

Wie könnte das konkret aussehen?

 

Eine gute Idee war, die beiden Stadtteile mit einer Allee zu verbinden, an der Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie angelegt werden sollten. Darum herum sollten Mikro-Quartiere entstehen, die mit kleinen Plätzen und Binnenhöfen öffentliche und private Gemeinschaftsflächen bieten könnten. Die eigene Wohnung gehört dann zu einer quartierartigen Gruppe von Häusern, die über gemeinsame Außenräume verfügen, in denen Nachbarschaft entstehen kann.

 

 

 

Schafft man denn so auch genügend Wohnraum?

 

In Kreuzfeld sollen ja zwei- oder dreitausend Wohnungen entstehen. Es war nicht die Aufgabe der Studierenden, möglichst viel Wohnraum zu schaffen. Aber tausend Wohnungen könnte man sicher auch errichten, wenn man sich auf das Areal zwischen Blumenberg und Chorweiler beschränkt.

 

 

 

Ein Pendant zu Blumenberg will man nicht schaffen. Andererseits haben viele Anwohner und Bezirkspolitiker Angst vor Problemlagen wie in Chorweiler, wenn dichter und höhergeschossiger gebaut wird.

 

Das ist kaum anzunehmen, zumal es bei den derzeit kursierenden Plänen um eine andere Klientel zu gehen scheint. Probleme entstehen immer dann, wenn Kommunen Grund und Boden vollständig kapitalisieren und damit dem Interesse von Investoren an einer höheren Rendite indirekt höhere Priorität einräumen als der Steuerung sozialer Prozesse in der Stadt. 

 

 

 

Im Sommer haben einige Bauunternehmen den Bezirkspolitikern bereits eigene Analysen zu Kreuzfeld vorgelegt. Die Unternehmen empfehlen unter anderem, auf die in Köln bei Neubauten geltende 30-Prozent-Quote für sozialen Wohnungsbau zu verzichten, um eine bessere soziale Durchmischung zu erreichen. Preiswerte Angebote gebe es in der Umgebung bereits genug.

 

Genau das meinte ich. In Blumenberg wohnen in der Regel gut situierte Leute! Deshalb kann das Kreuzfeld durchaus einen guten Anteil an sozialem Wohnungsbau vertragen. Sonst entsteht dort am Ende eins jener edlen Ghettos, die sich nur Besserverdiener leisten können. 

 

 

 

Baudezernent Markus Greitemann soll für die Entwicklung von Kreuzfeld einen privaten Investor favorisieren, weil der schneller bauen könne.

 

Dann muss sich die Stadt aber die notwendigen Steuerungsinstrumente für die Art der Bodennutzung und die Belegung des Wohnraums vorbehalten. Über die Baugesetzgebung lassen sich viele Anforderungen wie Belegungsdichte und soziale Mischung festlegen. Viele Kommunen tun das aber nur ungern, aus Angst, ihre Investoren zu verprellen. Eigentlich wäre aber die nahezu stadteigene Wohnungsbaugesellschaft GAG der naheliegende Partner bei der Entwicklung des Kölner Nordens. Dafür ist sie da.