The House That Jack Built

Lars von Trier findet sein Alter Ego — einen Serienkiller

 

Skandalnudel Lars von Trier hat es schon wieder getan. Nach der elegischen Misogynie von »Antichrist«, dem mit PR-wirksamer Selbstdemontage aufgepeppten Weltuntergangsdrama »Melancholia« und der oversexten Arthouse-Double-Penetration »Nymphomaniac 1 + 2« geht es diesmal ums große Töten. Ein Serienkiller-Portrait von Schockmeister LvT: Das kann ja heiter werden! Die Scharen von Premierenzuschauer, die bei den Filmfestspielen in Cannes den Saal verlassen haben sollen, haben jedenfalls schon die Werbetrommel gerührt, wie es sich für einen echten von Trier gehört.

 

Sicher, die Zartbesaiteten werden eine schwere Zeit haben, wenn der schöngeistige Totmacher Jack (engagiert, doch fehlbesetzt: Matt Dillon) Mann, Frau und Kind um die Ecke bringt, doch soll »The House That Jack Built« keineswegs als Genre-Stoff verstanden werden. Vielmehr ist der Reigen des Würgens, Schlitzens und Kaputthauens eine Metapher fürs Kunstschaffen an sich und ein Vehikel, um die Befindlichkeiten im Hause von Trier (»The House That Lars Built«) mit der Welt zu teilen.

 

Die Geschwätzigkeit, mit der von Trier sein Alter Ego Jack und einen Fährmann in die Unterwelt (Bruno Ganz) in einem unablässig tönenden Voice-Over-Monolog über das Werk großer Künstler und Killer fachsimpeln lässt, schockiert in ihrer Eitelkeit mehr als der nächste Gewaltexzess. Viel herum kommt dabei nicht. Was ist denn nun mit der großen Kunst? Ist es der Versuch, die Membran zwischen individuellem Seelengrund und kalter Realität porös zu machen? Der Wunsch, die Angst vor kosmischem Horror und allumfassender Bedeutungslosigkeit ästhetisch fassbar zu machen? Der Ausdruck des Willens, die Zeit und das unvermeidliche Vergehen im Meer der Unendlichkeit für kurze Zeit aufzuhalten? Der Drang, Sinn zu stiften, wo Willkür herrscht? Oder doch nur Ego?

 

Unter pointierter Zuhilfenahme von Archivmaterial werden interessante, wenn auch nicht revolutionäre Thesen und Standpunkte erörtert. Dass sich der große Skandalhype damit allein nicht würde schüren lassen, wusste wohl auch der Meister selbst. Immer wenn die Gefahr droht, dass das Publikum wegdämmern könnte, schneidet Jack pflichtschuldig einer Frau die Brust ab oder erschießt ein Kind. Echte Kunst muss halt schockieren, etc. pp. Vielleicht wäre ein entnervtes Schulterzucken angesichts der immer gleichen Masche die passendste Reaktion.

 

The House That Jack Built (dto) DK/D/F/SW 2018, R: Lars von Trier, D: Matt Dillon, Uma Thurman, Riley Keough, 153 Min. Start: 29.11.