»Jetzt erst recht« lautet das Motto: Allerweltshaus an der Körnerstraße, Foto: Marcel Wurm

Feiern und abwarten

Dem Allerweltshaus in Ehrenfeld droht das Aus

 

 An diesem nasskalten Abend ist die Tür des Allerweltshauses in Ehrenfeld weit geöffnet. Vor der großen Fensterfront stehen ein paar Jugendliche und plaudern beim Rauchen. Drinnen, im warmen Vorraum mit knarrenden Holzdielen, stößt die alte Riege mit Sekt an. Das unabhängige interkulturelle Beratungszentrum feiert an diesem 15. November sein 30-jähriges Bestehen — und blickt zurück auf eine Geschichte, die von Umbrüchen und Neuerungen, vor allem aber vom ehrenamtlichen Engagement vieler Menschen geprägt ist.

 

»Jetzt erst recht!« lautet das Motto des Fests, bei dem es auf der Bühne im großen Saal den ganzen Abend über Reden und viel Musik gibt. Während auf den Tischen Teelichter brennen, spielt Samson Kidane, der 1984 vor dem Bürgerkrieg in Eritrea floh, auf der Krar, einem traditionellen Zupfinstrument, und Helene Abeke-Batemona aus Kenia erzählt von ihrem ersten Ankommen im Allerweltshaus. Dazwischen berichten ehemalige und derzeitige Mitarbeiter stolz, wie sie vor vielen Jahren einmal eine Osmose-Filter-Anlage im Flur des Hauses installierten und mit einer politischen Straßentheatergruppe nach Palästina reisten.

 

Auf zwei Stockwerken und insgesamt rund 400 Quadratmetern gibt es im Allerweltshaus regelmäßig bildungspolitische Angebote. Vormittags laufen Deutschkurse, und Asylsuchende werden kostenlos in Rechtsfragen beraten. Nachmittags gibt es eine Hausaufgabenbetreuung, und abends treffen sich Initiativen wie »Kein Mensch ist illegal« oder Attac. »Als ich vor zwölf Jahren angefangen habe, war ich hier als junger Mensch noch recht allein«, sagt Anne Gebler, Co-Leiterin des Projekts »Menschenrechte und Nachhaltigkeit«. Mittlerweile habe sich das geändert — auch, weil regelmäßig Studierende sowie Praktikantinnen und Praktikanten hier eigene Projekte umsetzen. »Klar gibt es manchmal Konflikte zwischen den Generationen«, sagt Gebler. »Grundsätzlich herrscht hier aber eine ressourcenorientierte Arbeitsweise.« Gerade jetzt, wo rechtskonservative Tendenzen in der Gesellschaft zunehmen, seien Räume wie das Allerweltshaus unverzichtbar. »Wir verstehen uns als Ort der Aktion, indem wir Gruppen wie dem NSU-Tribunal Räume zur Verfügung stellen, aber auch selbst verstärkt Bildungsarbeit leisten wollen.«

 

Doch wie es nach dem Jahr 2021, wenn der Mietvertrag ausläuft, weitergehen wird, ist ungewiss. Die neuen Eigentümer des Gebäudes an der Körnerstraße planen, einen Teil des Hauses zu sanieren und aufzustocken. Die dann höhere Miete könne man nur durch höhere Einnahmen begleichen, heißt es beim Allerweltshaus. Eine Situation, die wirtschaftlich für den Verein nicht tragbar sei, sagt Eva Schaaf, Vorstandsmitglied des Allerweltshauses. »Wir sind besorgt, aber wir können in der jetzigen Situation nur abwarten.« 

 

Schaaf klingt resigniert. Die Verhandlungen mit den neuen Eigentümern haben an ihren Nerven gezehrt. Bereits im November 2017 hatte das Allerweltshaus den neuen Eigentümern einen Finanzierungsvorschlag vorgelegt: das sogenannte Investitionsmodell. Gefördert durch das Landesprogramm »Investitionspaket soziale Integration im Quartier« könnte die Vollsanierung zu 80 Prozent durch das Land NRW gedeckt werden, die Stadt Köln und der Verein selbst müssten nur jeweils 10 Prozent übernehmen. »Dem Eigentümer selbst käme damit die volle Kostenabdeckung zu«, sagt Eva Schaaf. »Aber wir warten noch immer auf eine Antwort.« Von der Stadt habe man hingegen bereits die Zustimmung erhalten. Im Januar 2018, zwei Monate nach dem Vorschlag, hatte sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker in einem Gespräch mit Vereinsmitgliedern für den Erhalt des Allerweltshauses ausgesprochen. 

 

Susanne Kremer-Buttkereit, Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums, sieht dies als Signal: »Die Stadt ist sich über die Bedeutung des Allerweltshauses für die soziale und kulturelle Landschaft Kölns bewusst.« Bis der neue Eigentümer seine Zustimmung zum Investitionsmodell gegeben habe, könne man jedoch nur abwarten: »Erst dann können wir die Förderbedingungen rechtlich prüfen und für einen Erhalt des Allerweltshauses im Rahmen der städtischen Möglichkeiten kämpfen.« Es ginge auch darum, sagt Kremer-Buttkereit, das angesagte Veedel in Ehrenfeld nicht der Gentrifizierung zu überlassen, sondern Freiräume in der Stadt zu erhalten.