Nachruf auf Werner Dütsch

Filmgeschichte auf Kölner Leinwänden

Anfang Dezember verstarb Werner Dütsch. Damit ist ein fundamentales Stück kölnverwurzelter Weltfilmkultur aus unserer Gegenwart verschwunden. Auch wenn Dütsch (Jahrgang 1939) schon seit einiger Zeit die Südstadt verlassen hatte und in Belgien lebte. Dütsch hat über drei Jahrzehnte international die Filmkultur mitgestaltet: kaum ein Film von Daniéle Huillet und Jean-Marie Straub zum Beispiel, an dem er seit seinem Beitritt zur WDR-Filmredaktion in den 70er Jahren nicht beteiligt gewesen war. Huillet-Straub war für ihn eine Art Auftrag. Ähnliches könnte man über die Dokumentarfilmer Johan van der Keuken und Hartmut Bitomsky sagen: Œevres, die ohne Dütsch anders aussähen — und von denen wir in Nordrhein-Westfalen wenig wüssten, wenn er sie nicht im Fernsehen gezeigt hätte.

 

Dütsch hat die audiovisuelle Sozialisation vieler geprägt: Dank der WDR-Filmredaktion habe auch ich alles Wesentliche über das Kino gelernt. Die TV-Retrospektive zum Werk des Science-Fiction- und Horrorfilmregisseurs Jack Arnold, bei der jeder Film von einer wunderbaren Dokumentarvignette begleitet wurde, hat mir das Instrumentarium zum Denken jenseits der bürgerlichen Qualitätsschubladen mitgegeben. Vertieft wurde das zum Beispiel durch diverse Bitomsky-Werke über das Kino.

 

Überhaupt: Der Respekt gegenüber Kategorien, die Liebe zum Genre und das Wissen darum, dass nur all dies zusammen Kino ergibt, konnte man von Dütsch lernen — E pluribus unum, aus vielen eines, wie es im Großen Siegel der Vereinigten Staaten heißt. In die Nuller Jahre hinein verlängerte sich das noch für die Studierenden der Kölner Kunsthochschule für Medien, die seinen Filmgeschichtsvorlesungen folgen durften. 2016 erschien seine herrliche Autobiographie »Im Banne der Roten Hexe. Film als Lebensmittel«.

 

Richtig wäre es, wenn ein Kino spontan »Itinéraire de Jean Bricard« (2008) von Jean-Marie Straub und »Zur Hölle und zurück« von Jesse Hibbs (1955) als Doppelprogramm zu Ehren von Dütsch zeigen würde. Aber man kann auch bei »Die Toten Augen des Dr. Dracula« (1966) von Mario Bava Ende Dezember in den Lichtspielen Kalk und bei »Lone Wolf & Cub 1« (1972) von Misumi Kenji Anfang Januar im Japanischen Kulturinstitut an Dütsch denken — Horror-Schauer und Samuraifilm-Exzesse mit Stil und Panache. Das hätte ihm Freude gemacht.