»Drei Gesichter«

Trotz Berufsverbots erkundet Jafar Panahi erneut im Auto filmisch seine Heimat

Per Smartphone erreicht den iranischen Filmemacher Jafar Panahi ein Video-Hilferuf: Anscheinend hat eine junge Frau Selbstmord begangen, weil die Eltern ihr den Besuch einer Schauspielschule verboten haben. Gemeinsam mit der bekannten Schauspielerin Behnaz Jafari begibt er sich von Teheran aus auf die Suche in ein abgelegenes Dorf im iranischen Aserbaidschan.

 

Trotz der ernsten Ausgangssituation entwickelt sich »Drei Gesichter« zu einem prallen Roadmovie voll schrulliger Figuren und absurder Episoden, in dem die realen Personen Panahi und Jafari in fiktiven Situationen agieren. Eine Überraschung auch angesichts Panahis gegenwärtiger Lage: Als offener Unterstützer der Grünen Bewegung, die den Ausgang der Präsidentschaftswahlen von 2009 als Fälschung bezeichnete, wurde er zu einem zwanzigjährigen Berufsverbot verurteilt und zu einer bislang nicht vollstreckten sechsjährigen Haftstrafe.

 

Seine (trotz Berufsverbots entstandenen) Werke sind formal und inhaltlich davon geprägt: Der komplett in Panahis Appartement gedrehte »Dies ist kein Film« (2011) zeigt eine dokumentarische Momentaufnahme des isolierten Filmemachers. Die dystopische Parabel »Pardé« (2013) einen mit Berufsverbot belegten Schriftsteller, der sich in einer Villa am Meer versteckt. Doch schon der Berlinale-Sieger »Taxi Teheran« (2015) kündete von neuer Zuversicht: In der Rolle des Taxifahrers entwirft Panahi aus zahlreichen Begegnungen ein lebendiges, widersprüchliches Porträt der Teheraner Gesellschaft. In »Drei Gesichter« ist ihm das Auto ein weiteres Mal Mittel zur Welterkundung. Bei der holprigen Reise durch die Provinz scheint der 58-Jährige eine neue Form innerer Freiheit erlangt zu haben, unterstützt durch das Lokalkolorit der mal schimpfenden, mal hilfsbereiten, mal misstrauischen Dörfler.

 

Der Filmtitel, soviel sei verraten, verweist auf drei Generationen iranischer Schauspielerinnen, die auf die Beschränkungen ihrer Zeit auf jeweils zeitgemäße Weise reagieren: inneres Exil, scheinbare Anpassung, Flucht in die Medienblase. Doch eine allzu naheliegende Kritik an patriarchalen Traditionen bricht Panahi mehrfach: allein schon durch seine Rolle als aufgeklärt-distanzierter Städter und selbst der Region entstammender Aserbaidschaner.

 

Mit diesem frischen und selbstironischen Werk meldet sich Panahi erneut als Herr seiner filmischen Mittel zurück. Hier ist noch einiges zu erwarten.

 

 

Drei Gesichter (Se rokh) IR 2018, R: Jafar Panahi, D: Jafar Panahi, Behnaz Jafari, Marziyeh Rezaei, 100 Min.