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»The Internet is so yesterday, the cool medium is…«, nun, »…TV«. Der das sagt, ist nicht irgendwer, sondern der US-Selfmade-Man und Internet-Milliardär Mark Cu­ban. Es gebe, so Cuban, keine wirklich neuen, interessanten Inhalte für das Internet, und außerdem reichten die Leitungen nicht aus, um die zukünftigen Inhalte zu transportieren. Und tatsächlich, als man in den 60ern begann, Wege für den sicheren Austausch von Ge­heiminformationen innerhalb des US-Militärs zu entwickeln, hätten es sich die Wissenschaftler wohl nicht träumen lassen, dass ihre Erfindung des Internets später vor allem Teenagern dazu dienen würde, sich gegenseitig zu zeigen, wie man den eigenen Furz abfackelt. Aber es sind nicht nur massenhaft furzende Teenager und explodierende Cola-Flaschen bei Youtube und Konsorten. Die globalen TV-Plattformen Joost oder Babelgum, die zahlreichen Videokanäle bei MySpace oder auch die »größte Internet-Video-Plattform« ever, die Medienkonzerne wie NBC Universal für den Spätherbst angekündigt haben, ganz zu schweigen von dem avisierten Vertrieb neuer Kino­filme über das Internet – das Netz beginnt zu ächzen unter dem massiven Datenstrom und droht Experten zufolge womöglich bald zu kollabieren. Cuban zufolge kommt da das gute alte Fernsehen wieder ins Spiel, vor allem Video-On-­Demand. Schließlich biete es das Gleiche wie das Internet, nur ganz ohne Bandbreitenprobleme.

Aber noch lässt sich niemand die große Web-2.0-Party verderben. Die Gründungseuphorie ist ungebrochen, und die Suche nach exklusiven, geldwerten Web-Inhalten richtet sich auch auf die lokale Nische. Nach dem Internetfernsehen ksta.tv brachte der Kölner Stadt-Anzeiger zuletzt die Köln-Community-Seite stadtmenschen.de online. Video-Content op kölsche Art bietet auch die neue Video-Plattform rheinvideo.de, ein Ableger von koeln.de. »Triff andere Rheinländer und zeig allen, wie schön das Rheinland ist«, so das Motto. Das »Heimatportal« center.tv bietet neben dem Live-Stream des TV-Senders zahlreiche Extras auf Abruf wie Stadtteilportraits oder sprechstunde.tv. Bereits seit 2001 online ist das Kölner Internetfernsehen koeln1.tv, das Videobeiträge zu Kultur, Sport, Geschichte und natürlich zum Stadtleben bietet, wie etwa die Untergrund-Reportage über das harte Leben in Chorweiler. Kölner Shootingstar ist derzeit aber die Video-Plattform Seven­load, die keine speziell regionalen Inhalte bietet, dafür aber in Köln-Ehrenfeld beheimatet ist. An der »Website des Jahres 2006« beteiligten sich kürzlich die Venture­-­Kapitalisten des Burda-Konzerns. Neben der internationalen Expansion liegt der Fokus nun vor allem auf originär produzierten Inhalten.

Und da wird es interessant. Wer schon mal itsjerrytime.com, jibjab.com oder auch theonion.com besucht hat, merkt: Es gilt hierzulande einiges aufzuholen in Sachen origineller Video-Web-only-Inhalte. Darum kümmert sich Ende Septem­ber auch die Cologne Confe­rence (siehe auch Seite 7 der aktuellen StadtRevue). Das TV- und Filmfestival hat seinen Fokus zeitgemäß auf medienübergreifende Inhalte erweitert, und fahndet auch nach neuen, steilen Formaten im Netz. Das verhindert zwar nicht den Kollaps, den Herr Cuban sieht, aber es macht doch die Zeit bis dahin möglicherweise etwas kurzweili­ger.