Winterjazz

Die Kölner Szene lebt. Die 2012 gegründete Band Monophonist ist ein gutes Beispiel: das Quartett hat gerade sein viertes Album herausgebracht und das Ergebnis verwirrt. Jazz? Progrock? Hardcore? Thomas Sauerborn, Kenn Hartwig, Daniel Hölscher und Jonathan Hoffmann, allesamt studierte Musiker mit Abschlüssen aus Köln, Amsterdam, Kopenhagen und Düsseldorf, machen offensichtlich einfach das worauf sie Bock haben — und das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit. Ist doch die Kehrseite der Institutionalisierung der Jazzausbildung eine im Ergebnis häufig beflissene Erfüllung standardisierter und zugleich hoher Erwartungen — immerhin hat man ja studiert. Monophonist mischen davon gänzlich unbekümmert einfach ihre Vorlieben — klassischen Modal Jazz und New York Hardcore — und spielen das Resultat rasant mit ihren akademisch geschulten Skills. Das ist aufregend geil und erinnert, ohne dabei epigonal zu wirken, an Mike Pattons Befreiungsschläge mit Fantomas oder alte SST-Bands.

 

Davon überzeugen kann man sich auf dem diesjährigen Winterjazz, Kölns Antwort auf den Konzertmarathon, der jedes Jahr im Winter in New York stattfindet. Von dort hat Festivalmacherin Angelika Niescier vor acht Jahren die Idee mitgebracht, die sich seither jedes Jahr aufs Neue auch im und rund um den Stadtgarten bewährt. Es gibt natürlich sehr viel mehr Gründe hier aufzuschlagen:Ob die Belgierin Marlies Debacker, in Köln seit Jahren feste Szenegröße, die mit ihrem gleichermaßen an Cecil Taylor wie Bill Evans geschulten Klavierspiel die Hörer zu fesseln weiß (heute im Quartett mit Ausnahmetubist Carl Ludwig Hübsch), oder das formidabel besetzte Quintett Emißatett der Cellistin Elisabeth Coudoux, das auf dem Wellenkamm der Improvisierten Musik die Schaumkronen abschöpfen. Oder das berückend schöne Duo Doyna von Klarinettistin Annette Maye und Gitarrist Martin Schulte, die mit ihrem fantastisch versierten Spiel der leider nach wie vor in Köln unterpräsentierten Jiddischen Musik zu einer neuen Blüte verhelfen. Es treten 18 Bands auf, wer da zu Hause bleibt, ist selber Schuld.