Foto: Manfred Wegener

Aus für die Aue

SPD und CDU wollen den Ausbau des Godorfer Hafens –

ein Naturschutzgebiet würde dadurch zerstört

 

Die Debatte gehört zu den ­Oldies der kölschen Kommunalpolitik: Seit über zwanzig Jahren wird über den Ausbau des Godorfer Hafens gestritten. Es gab immer wieder Gutachten und Gegengutachten. Der wirtschaftliche Nutzen konnte nicht belegt werden, der ökologische Schaden aber wäre gewiss: Ein Großteil des Naturschutzgebiets Sürther Aue würde zerstört. Eine Mehrheit im Kölner Rat kam daher bislang nicht zustande. Nun liegt ein neues Gutachten vor, das SPD und CDU im Stadtrat Anfang Februar beantragt haben. Darin bescheinigt Herbert Baum, Leiter des Instituts für Verkehrswissenschaft an der Uni Köln, dem über 60 Millionen Euro teuren Projekt, dass jeder investierte Euro einen Nutzen für die Allgemeinheit von 2,50 Euro brächte. Für SPD und CDU ist damit die Wirtschaftlichkeit erwiesen. Am 30. August wollen die beiden Fraktionen im Stadtrat die Hafenerweiterung beschließen.

Bündnis ist gespalten

Über die Debatte geraten die Grenzziehungen in der Kölner Politik gehörig durcheinander. Das Bündnis aus SPD und Grünen im Stadtrat ist beim Thema Godorfer Hafen tief gespalten – in der Kooperationsvereinbarung hatte man extra das Thema ausge­spart. Während die Grünen auf Seiten der Ausbaugegner stehen, plädiert die SPD seit jeher für die Hafenerweiterung. Ihre Argumente heißen Arbeitsplätze und Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Außerhalb des Stadtrats werden die Sozialdemokraten unterstützt vom DGB, aber auch von der Industrie- und Handelskammer Köln. Die FDP wiederum, sonst quasi parlamentarischer Arm der IHK, will den Ausbau verhindern.

Für die FDP ist ebenso wie für die Grünen die Wirtschaftlichkeit nicht erwiesen. Auch die CDU verweigerte bislang aus ­die­sem Grund die Zustimmung – zumindest war dies die offizielle Sprachregelung. Mindestens eben­­so ausschlaggebend dürfte gewesen sein, dass ihre Stammwähler im Kölner Süden nicht düpiert werden sollten. Nun ist die CDU mutiger geworden. Zusammen mit der SPD will man den Hafenausbau durchboxen. Danach kann die SPD behaupten, Köln wirtschaftlich nach vorne zu bringen, während die CDU ihre konservative Klientel im Kölner Süden beruhigen muss.

CDU-Gesinnungswechsel

»Ich habe 15 Jahre dagegen gekämpft«, sagt Jürgen Klipper, der für die CDU in Rodenkirchen antritt und Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses ist. »Mir tut es leid, aber man muss auch mal die Fakten anerkennen.« Selbst wenn man »einige Annahmen des Gutachtens in Zweifel ziehen kann«, so Klipper, werde »letztlich doch die Wirtschaftlichkeit belegt.« Klipper ärgert es bloß, dass die Ausgleichsmaßnahmen für die Vernichtung von Flora und Fauna hauptsächlich im Kölner Norden realisiert werden. »Nach dem Ausbau ist das Maß voll«, sagt Klipper: »Ich bin gegen jegliche weitere Baumaßnahme im Süden.« Auch CDU-Fraktionschef Winrich Granitzka »bedauert die Eingriffe in die Natur«, betont aber, dass er »schließlich für den Nutzen der Gesamtstadt angetreten sei.«

Mit Schadenfreude registriert man bei der SPD diese rhetorischen Verrenkungen. In einer Presseerklärung lobt SPD-Fraktionschef Martin Börschel den Gesinnungswechsel der CDU mit den Worten: »Die Blockierer wurden endlich eines Besseren be­lehrt.« Auch SPD-Ratsmitglied Johannes Waschek nimmt die neue Haltung der CDU mit Genugtuung zur Kenntnis. Waschek ist Aufsichtsratvorsitzender der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK), die zu dem Stadtwerken gehört – der Ausbau war von jeher eine Forderung der HGK. Klar, dass das Gutachten für Waschek »eine seriöse Kosten-Nutzen-Abschätzung« darstellt.

Gutachten in Kritik

Eben das bestreiten die Grünen: Jörg Frank, Geschäftsführer der Ratsfraktion, hat gleich mehrere Mängel in dem Gutachten entdeckt. Baum habe die Prognose für Seehäfen eins zu eins auf ­Binnenhäfen übertragen, mit veralteten Daten gearbeitet und keine Markt- und Wettbewerbsbedingungen untersucht. Die grüne Fraktionschefin Barbara Moritz wundert sich, dass die Auswirkun­gen durch Niedrig- und Hochwasser aufgrund des Klima­wan­dels nicht berücksichtigt werden. »Außerdem ist die Ökobilanz der Binnenschifffahrt mittlerweile schlechter als die des LKW«, sagt Moritz. »Von all dem lese ich aber nichts in dem Gutachten.« Die Grünen haben unterdessen zusammen mit Bürgerini­tiativen und Umweltgruppen ein weiter gefasstes Gutachten vorgelegt, das die Wirtschaftlichkeit in Frage stellt. Ist bei einem Ausbau des Godorfer Hafens das rot-grüne Ratsbündnis gefährdet? Jörg Frank von den Grünen will sich noch nicht festlegen: »Man muss abwarten, wie belastend das ist.«