Foto: Manfred Wegener

»Ich weiß, wie Kreative ticken«

Kölns neuer Kulturamtschef Konrad Schmidt-Werthern

will ein »Ermöglicher« sein

StadtRevue: Der neue Chef des Kulturamts – wie würden Sie sich in aller Kürze selber beschreiben?

Schmidt-Werthern: Neugierig, offen. Teamorientiert. Und eine Stärke ist vielleicht, dass ich Kreative ganz gut kenne, also weiß, wie die ungefähr ticken. Andererseits habe ich Verwaltungser­fahrung und gehöre als Jurist ­natürlich eher zu den seriöseren Menschen. Wenn Sie ein Wort haben wollen: Ich sehe mich als Ermöglicher.

Ihr Kulturbegriff?

(denkt nach) Da ist mir ein Schnellschuss zu heikel – darüber müsste ich länger nachdenken.

Für Verwaltungsmuffel: Was genau macht ein Kulturamtsleiter?

Ein Kulturamtsleiter steht zunächst einem Amt vor, in meinem Fall knapp zwanzig Mitarbeitern, die dazu da sind, städtische Mittel an Künstler und Institutionen auszugeben und die Verwendung auch zu kontrollieren. Genau so wichtig ist aber: Wir beraten Künstler auch, sind Ansprechpartner für die Freie Szene.

Mit 34 werden Sie vermutlich der Jüngste im Amt sein. Könnte das schwierig werden?

Überhaupt nicht! Ich finde es im Gegenteil interessant, wenn man unterschiedliche Altersgruppen und dazu noch unterschiedliche Sichtweisen hat: Jemand, der aus der Szene kommt, jemand mit einem Schwerpunkt Wirtschaft, und ich dann mit dem Schwerpunkt Jura – so was finde ich gut.

Ihre neue Position ist ein »Verwaltungsjob«, die Vorgaben macht die Politik. Wo können Sie mitgestalten?

Ich verstehe mich gegenüber den Kulturschaffenden als ihr Anwalt. Aber wir müssen als städtische Mitarbeiter natürlich auch ein kritisches Auge darauf haben, dass die Mittel ordnungsgemäß verwendet werden. Und zeigen, dass sie zu Recht investiert wurden, deshalb müssen wir gut beraten und schlüssige Konzepte vorlegen! Gegenüber der Politik würde ich immer für die hundert Prozent Kultur streiten, wissend, dass am Ende des politischen Prozesses vielleicht nur 95 Prozent rumkommen. Ich möchte möglichst große politische Bündnisse für die Kultur bilden. Kultur eignet sich extrem schlecht für machtpolitische Spiele.

Ist das eine Botschaft an die Kölner?

Das ist grundsätzlich ein Thema. Die ideologischen Unterschiede auf dem Gebiet der Kultur gibt es doch gar nicht mehr. Anders als in den 70er Jahren ist die Frage nicht mehr »Kultur für alle oder Hochkultur für wenige«, und anders als in den 80ern müssen wir uns auch nicht mehr über den Begriff »Multikultur« streiten. Jetzt geht es darum, unter den Gegebenheiten verschuldeter Städte, Gemeinden und oft auch Länder überhaupt gute Kultur zu ermöglichen. Und zweitens, genauso wichtig: Wie erreichen wir eigent­lich die nächsten Generationen mit den Kulturangeboten, und zwar alle – auch Kölner mit Mi­grationshintergrund? Das sind die eigentlichen Fragen. Ich sehe da in Köln zum Glück momentan auch einen politischen Konsens. Die von allen Parteien getragene Erhöhung des Kulturhaushalts hat es doch gezeigt.

Sie haben »kulturelle Bildung« als Schwerpunkt angekündigt. Was ver­stehen Sie darunter?

Kulturelle Bildung kann man in zwei Richtungen denken. Einmal als Thema für die Schulen, insbesondere mit Blick auf Ganztagsschulen: Hier ist die Frage, wie man den Unterricht um musische oder auch tänzerische Angebote ergänzen kann. Da sind die Schulen gefragt, die Freie Szene kann sich aber einbringen und sollte es nach meiner Meinung auch tun. Zweitens brauchen wir kulturelle Bildung, da wir sonst Generatio­nen verlieren für die Kultureinrichtungen. Wenn Kinder häufi­ger im Internet spielen als ins Museum zu gehen oder in eine Buchhandlung, dann heißt das perspektivisch nichts Gutes für die Museen und die Literaturszene.

Berlin ist unbestritten die erste Kulturmetropole. Sie haben in einem ersten Tageszeitungs-Interview gesagt, »Kulturell soll Köln unter den Top 5 landen« – da ist Köln also schon nicht mehr?

(lacht) Wenn man schaut, welche Stadt denn in allen Bereichen für Kultur auf höchstem Niveau steht, fallen mir drei ein: Berlin, Hamburg, München. Und wer kommt dann? Leipzig? Dresden, weil die diesen historischen Fundus haben? Frankfurt? Und bei Köln die Frage: Steht Düsseldorf mittlerweile schon vor Köln? Na ja, das hört man nicht gerne, aber ich gebe eine Außensicht wieder.

Wo vermuten Sie denn Kölns ­Stärken und Schwächen?

Köln kann im Bereich der Bildenden Kunst auf einer großen Tra­dition aufbauen, da gehören wir sicher unter die Top 5. Pop ist ohne Frage auch eine Stärke, genauso Alte Musik, Neue Musik, das sind Bereiche, wo sich Köln keine Sorgen machen muss. Beim Theater ist die Stärke die Vielfalt der Szene, die Kleinteiligkeit ist aber womöglich auch eine Schwäche. Für den Tanz muss man dringend etwas tun.

Angeblich sind Sie ja Theaterfan und bringen schon Ideen für die Freie Szene mit – welche?

Ich bin Theaterfan, aber was konkrete Ideen oder gar Konzepte betrifft, bitte ich um etwas Zeit. Aber man kann ja mal träumen: Es wäre doch wunderbar, wenn man dem Stadttheater vielleicht ein wei­­teres starkes Theater gegen­überstellt und einen kraftvollen Dialog entfacht

Zur Person
Konrad Schmidt-Werthern, geboren 1973 in Bonn, studierte Jura und ­promovierte 2003 in Kunstrecht. Von 1999 bis 2004 arbeitete er neben dem juristischen Referendariat als Journalist, seit 2004 als Leitungsreferent Kultur beim Berliner Senat. Am 13. August hat er sein Kölner Amt angetreten.