Fahren wie von der EU verordnet? KVB-Station am Heumarkt, Foto: Dörthe Boxberg

Viel Lärm ums Ganze

In der KVB wird über eine Personalie gestritten. Dabei schießt die Debatte übers Ziel hinaus

 

Eigentlich stehen die Aufsichtsräte der kommunalen Unternehmen nicht in der Öffentlichkeit. Der Großteil der Entscheidungen ist technischer Natur und wird einstimmig verabschiedet. Aber nach der Klüngelaffäre um Ex-SPD-Chef Martin Börschel bei den Stadtwerken wird um Personalentscheidungen härter gerungen als sonst. Aktuelles Beispiel: die KVB. Dort wird der Vertrag von KVB-Finanzvorstand Peter Hofmann zum Jahresende 2019 vermutlich nicht verlängert. 

 

Hofmann ist neben den Finanzen auch für die Fahrkarten-Tarife zuständig, sein Job hat damit auch Einfluss auf die Kölner Verkehrspolitik. Er ist parteilos, steht aber den Grünen nahe. Die Aufsichtsrats-Vertreter des schwarz-grünen Ratsbündnisses, die FDP und Verkehrsdezernentin Andrea Blome hätten Hofmanns Vertrag gerne um weitere fünf Jahre verlängert, dem standen aber die Stimmen von SPD, Linke und den zehn Arbeitnehmervertretern gegenüber, die gemeinsam über die Mehrheit im 20-köpfigen Aufsichtsrat verfügen. Bedenken gegen die Vertragsverlängerung kam vor allem von Seiten der Arbeitnehmer. Hofmann wird keine gute Personalführung nachgesagt, außerdem habe er sich für eine stärkere Ausgliederung von einzelnen Betriebsteilen an Subunternehmen ausgesprochen. 

 

Mitten in dieser Gemengelage kam dann noch ein anderer Aspekt ins Spiel: die Direktvergabe des ÖPNV an die Kölner Verkehrsbetriebe. Eigentlich müssen öffentliche Leistungen europaweit ausgeschrieben werden. So sehen es die EU-Regularien vor. In bestimmten Bereichen, etwa im Nahverkehr, gibt es jedoch die Möglichkeit, dass die Kommunen diese direkt an ein kommunales Unternehmen wie die KVB vergeben, wofür die EU eine Reihe von Bedingungen stellt. Eine davon ist, dass es eine Behörde gibt, die dem Unternehmen gegenüber weisungsbefugt ist. Das ist in der KVB eigentlich der Fall, denn die Stadtverwaltung ist mit der Kämmerin in der Hauptversammlung vertreten. Allerdings verfügt diese über weniger Einfluss als der KVB-Aufsichtsrat, wo etwa über Personalfragen entschieden wird. Laut Gesetz haben Arbeitnehmer dabei ein Mitspracherecht.

 

In den internen Aufsichtsrats-Beratungen über Peter Hofmann brachte dann eine Person aus dem Ratsbündnis die Frage auf, ob die Direktvergabe nicht gefährdet sei, wenn die Stadtverwaltung — und damit der Rat als das Gremium, das die Verwaltung beauftragt — nicht auch alleine über das Führungspersonal der KVB entscheiden könne, und briefte die Kölner Lokalpresse entsprechend. Zum Jahreswechsel soll der Vertrag mit der KVB um 22,5 Jahre verlängert werden, das hatte der Rat schon im September 2017 beschlossen. Und das sollte jetzt gefährdet sein — aufgrund der Mitbestimmung der Arbeitnehmer?

 

In der KVB sorgten diese Überlegungen für Aufregung, SPD-Verkehrsexperte Andreas Pöttgen nannte sie »unverantwortlich.« Denn in NRW wird die Praxis der Direktvergabe des ÖPNV gerade vor Gericht verhandelt. Weil eine U-Bahn in der Regel ein Zuschussgeschäft ist, interessieren sich private Unternehmen besonders für die Buslinien, die sich kostengünstiger betreiben lassen. In Essen lehnte die zuständige Vergabekammer in Münster schon im Sommer 2018 ab, dass die stadteigene Ruhrbahn vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr für den Busverkehr in Essen beauftragt wurde. Der Fall wird Mitte Februar am OLG Düsseldorf entschieden. Kurz zuvor wird ein ähnliches Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg verhandelt: Das Bus-Unternehmen Hüttebräucker hatte 2016 gegen die Vergabe des Busverkehrs im Rheinisch-Bergischen Kreis Einspruch eingelegt. Später tat es dies auch gegen die Direktvergabe der Buslinien im Kreis Mettmann an die Düsseldorfer Rheinbahn. Die zuständige Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln gab ihm Recht. In all diesen Fällen hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr die Aufträge vergeben, was für die Vergabekammern entscheidend war. Dort ist man der Auffassung, dass der Verkehrsverbund keine Behörde sei, auch wenn sich darin mehrere Kommunen zusammengeschlossen haben. Rechtlich liegen diese Fälle also etwas anders als in Köln, wo die Direktvergabe über den Rat erfolgt ist und somit die Stadtverwaltung als Kontrollbehörde fungiert und nicht der Verkehrsverbund

 

»Auch in Köln interessieren sich Busunternehmen für das Netz der KVB«, sagt Andreas Pöttgen und ärgert sich über die Ratskoalition. »Sie hat potenzielle Kläger mit der Nase auf eine mögliche Lücke in den EU-Regelungen gestoßen.« Im schwarz-grünen Ratsbündnis hat man das in der Zwischenzeit eingesehen. Sowohl Dirk Michel (CDU) als auch Lino Hammer (Grüne), beide Mitglieder im KVB-Aufsichtsrat, beteuern gegenüber der Stadtrevue, man wolle die Direktvergabe nicht in Frage stellen. »Sie ist notwendig — auch für die KVB als Arbeitgeber«, so Hammer. Die Stadtverwaltung prüft zur Zeit, ob die Kölner Vergabepraxis juristisch sicher ist. 

 

Peter Hofmann dürfte all das nichts mehr nützen. Ende Januar scheiterte eine Vermittlung zwischen den Streitparteien, im Februar stimmt der Aufsichtsrat über seine Weiterbeschäftigung ab — dass sich bis dahin eine Mehrheit für Hofmann findet, glaubt keine der Parteien.