Überleben im Umland Teil 1

Köln wächst, die Mieten steigen. Nicht nur für Familien wird es immer schwieriger, eine Wohnung in der Stadt zu finden. Viele ziehen deshalb raus, ins Umland. Wie lebt es sich zwischen Gartengrill und Trampolin? Ex-Kölner berichten von ihrem neuen Leben in Pulheim oder Hürth. Anne Meyer und Hans-Christoph Zimmermann zeigen, wie Köln und das Umland mit der wachsenden Bevölkerung und den Pendlerströmen fertig werden wollen

Das Kölner Umland ist wenig glamourös. Zwischen Frechen, Kerpen und Bergheim erstrecken sich flaches Ackerland und sogenannte Tagebaufolgelandschaften, und immer grüßt irgendwo ein Braunkohlekraftwerk am Horizont. Im Süden prägen Chemiewerke und Raffinierien die Landschaft, im Nordosten die Werke von Bayer Leverkusen. Doch die Menschen drängen ins Umland. Frechen, Hürth oder Brühl können sich kaum retten vor Zuwanderern, von denen der größte Teil aus Köln kommt. 

 

Nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung wachsen alle an Köln angrenzenden Kommunen, Frechen und Hürth sogar überdurchschnittlich stark. Das wiederum spiegelt sich in den Mietpreisen wider. Nach Einschätzung des Forschungsinstituts Empirica steigen diese in den Speckgürteln künftig noch stärker als in den Großstädten selbst — vor allem, wenn die Vororte mit Regionalzug oder S-Bahn gut zu erreichen sind. 

 

In Köln ist kaum noch Platz. Im Jahr 2017 lebten rund 1.084.800 Menschen in der Stadt. Laut Amt für Stadtentwicklung und Statistik werden weitere 68.300 Menschen bis 2040 dazukommen. Das statistische Landesamt sagt ein noch viel größeres Wachstum voraus: Danach werden im Jahr 2040 mehr als 1.250.000 Menschen in Köln leben. Aber schon jetzt ist Wohnraum knapp und für viele kaum noch erschwinglich. Baugenehmigungen wurden 2017 nur für etwa 2600 Wohnungen erteilt, eine deutliche Zunahme ist nicht in Sicht. Wo sollen all die neuen Kölner wohnen? In welche Schulen sollen ihre Kinder gehen? Und wie sollen sie durch die Stadt gelangen, wenn die Bahnen jetzt schon überfüllt sind? 

 

Mit solchen Fragen befasst sich Brigitte Scholz, die Leiterin des Kölner Amts für Stadtentwicklung und Statistik. »Wenn wir feststellen, dass wir das Wachstum nicht mehr auffangen können, müssen wir unsere gute Kooperationsbasis mit dem Umland nutzen und versuchen, darauf hinzuwirken, dass dort Flächen ausgewiesen werden«, sagt Scholz. Andererseits müsse man die Menschen im Umland, die in Köln arbeiten, auch transportieren können. »Das ist der Knackpunkt.« Gerade der Ausbau von Bahnknoten aber sei eine Aufgabe, die Jahrzehnte in Anspruch nehme. Damit das gelinge, brauche es eine gute Zusammenarbeit mit den umliegenden Kommunen. 

 

Städte wie Pulheim oder Frechen sind ohnehin stark durch den Zuzug von Kölnern geprägt. In den 60er und 70er Jahren wanderten viele aus der Kernstadt ab, so dass sich die Zahl der Einwohner etwa in Pulheim zwischen 1960 und 1974 mehr als verdoppelte. Aus Dörfern oder Kleinstädten wurden Vorstädte, auch Umland oder Suburbia genannt — also Orte, die vor allem durch ihre Beziehung zur Metropole definiert werden. Die städtische Arroganz, die sich in solchen Begriffen zeigt, gipfelte in den 70er Jahren in der Kommunalen Gebietsreform. Köln verleibte sich alle möglichen Nachbarorte ein. Pulheim widersetzte sich der Eingemeindung, baute schnell Schulen und eigene öffentliche Einrichtungen — und blieb eigenständig, im Gegensatz zu Porz oder Rodenkirchen. 

 

In dieser ersten Suburbanisierungswelle der 60er und 70er Jahre waren es vor allem gutverdienende Familien, die der Großstadt entfliehen wollten. Heute wären viele, die rausziehen, gern in Köln geblieben, können sich aber die Mieten in der Stadt nicht mehr leisten. 

 

In der Vorstadt sieht man den Zuzug mit gemischten Gefühlen. In Königsdorf etwa, einst ein typisches Straßendorf und seit 1975 Ortsteil von Frechen, haben sich die Einfamilien- und Reihenhaussiedlungen in alle Richtungen ausgebreitet. Jetzt wehrt sich eine Bürgerinitiative dagegen, dass weitere 20 Hektar Land als Wohnbaufläche ausgewiesen werden. Die Infrastruktur sei jetzt schon überlastet, klagt die Initiative »Lokale Agenda«. Die Straßen seien verstopft, das Kanalsystem überlastet, die Schulen überfüllt. »Widerspruch ist ja legitim, auch wenn es hier aktuell um die Flächenvorsorge für die ferne Zukunft geht«, sagt die Frechener Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU). »Wir werden das im Verfahren zur Aufstellung des neuen Flächennutzungsplans sicherlich gut aufarbeiten.« Königsdorf habe in der Vergangenheit viel Wachstum verkraften müssen. Wegen des S-Bahn-Anschlusses seien auch Menschen zugezogen, die zum Teil bis ins Ruhrgebiet pendelten.

 

Als Bürgermeisterin freue sie sich natürlich, wenn junge Familien zuzögen, die sich dann auch in Vereinen engagieren, sagt Susanne Stupp. »Aber wenn zum Beispiel die Sportvereine so stark wachsen, dann brauchen sie auch ausreichend Sportflächen. Und die Kinder brauchen Schulplätze. Wir müssen schauen, dass wir mit der erforderlichen Infrastruktur hinterherkommen.« 

 

Der Schulplatzmangel hat das Umland erreicht. Bisweilen gibt es auch dort politische Beschlüsse, dass nur die ortseigenen Schüler einen Platz bekommen. In Köln ist dies schon lange üblich. Ulrike Heuer, Leiterin des Kölner Amts für Schulentwicklung, weist aber darauf hin, dass dennoch seit vielen Jahren Schülerinnen und Schüler aus Kölner Randbezirken in angrenzenden Gemeinden zur Schule gingen und umgekehrt. »Interkommunale Zusammenarbeit bis hin zu offiziellen Vereinbarungen über eine finanzielle Beteiligung an Schulen von Umlandgemeinden sind durchaus denkbar«, so Heuer. Eine solche Kooperation mit dem Umland fordern Kölner Elternvertreter schon seit Jahren. 

 

Der Ruf nach einer besseren Zusammenarbeit von Großstadt und Nachbarkommunen wird aber auch in anderen Bereichen lauter. Die Landesregierung sah offenbar Nachholbedarf und startete im Jahr 2016 den Wettbewerb »StadtUmland.NRW«. Nach dem Aufruf gründeten sich mehrere Verbünde aus Großstädten und deren Nachbarkommunen, die seither gemeinsam Zukunftskonzepte für ihre Region entwickeln. Im Stadt-Umland-Netzwerk »S.U.N.« etwa haben sich Köln, der Rhein-Erft-Kreis und seine Kommunen sowie Dormagen und Rommerskirchen zusammengeschlossen. Einen entsprechenden Verbund für den rechtsrheinischen Raum Köln gibt es mit der »Raumperspektive 2035«. 

 

Das S.U.N. hat sich zum Ziel gesetzt, weitere Zersiedelung zu vermeiden, neue Radschnellwege und Mobilstationen zu schaffen, interkommunale Gewerbegebiete anzulegen und Freiräume zu erhalten. Mit einem Modellprojekt sucht man nach Lösungen, um Landnutzungskonflikte zu bewältigen. »Das linksrheinische Kölner Umland wird bis 2030 um rund 170.000 Menschen wachsen. Das bedeutet eine enorme Nachfrage nach Flächen für Wohnen und Arbeiten«, sagt Theo Kötter, Professor für Städtebau und Bodenordnung an der Universität Bonn. »Gleichzeitig wird das linksrheinische Umland mit seinem ertragreichen Boden aber auch intensiv landwirtschaftlich genutzt, Menschen benötigen Flächen für Freizeit und Erholung, und auch der Naturschutz muss berücksichtigt werden.« Mit Kommunen und der Landwirtschaftskammer entwickelt Kötter in den kommenden fünf Jahren neue Raumbilder und Siedlungsmodelle, die all diesen Ansprüchen gerecht werden sollen. 

 

Kötter hat neue landwirtschaftliche Modelle im Sinn, die gleichzeitig Erholungswert bieten. »Dafür braucht es eine kleinteiligere Struktur, mehr Abwechslung durch Hecken- und Baumbewuchs, auch mal Aussichtstürme, um den Leuten zu zeigen: Guckt euch eure Landschaft an!« Mehr Direktvermarktung könne Synergien schaffen und ermitteln, dass hier die eigene Nahrungsgrundlage geschaffen werde. Was die neuen Siedlungsmodelle angehe, habe man ein Leitbild vor Augen: die »Gartenstadt 21« — stärker verdichtet, aber trotzdem grün. »In den Gartenstädten des 19. Jahrhunderts waren Grund und Boden nicht privatisiert, sondern wurden in Erbpacht vergeben«, sagt Kötter. »Mir persönlich ist auch dieser sozialpolitische Kontext wichtig, denn so können Städte und Kommunen langfristig über die Fläche verfügen.«  Auch wolle man mit Urban Gardening experimentieren. 

 

Zwei Drittel der Menschen bevorzugen als Wohnform das freistehende Einfamilienhaus. Das aber zersiedelt nicht nur die Landschaft, es ist laut Kötter auch wirtschaftlich nicht zukunftsfähig. »Wir brauchen eine Mischung unterschiedlicher Haushaltsformen, die auch den demo-grafischen Wandel antizipieren. Das können individuell gebaute Stadthäuser sein, mit drei bis vier Etagen, unterschiedlich großen Wohnungen und einer Mischung aus frei finanzierten und geförderten Wohnungen.« Die große Frage ist aber, ob die neuen Modelle vor Ort auch angenommen werden — oder ob die Umlandgemeinden weiter Eigenheime bevorzugen, weil sie fürchten, mit dichten Siedlungsformen nur Geringverdiener oder Sozial-hilfeempfänger anzuziehen. »Da könnten sich die Kommunen in Zeiten des Wachstums ruhig mehr trauen«, meint Kötter. »Auch experimentelle Wohnformen werden nachgefragt.«

 

Werden also die Menschen im Umland bald hinter ihren Hecken hervorgeholt und zum Gemeinschaftsgärtnern angehalten? Leben sie bald ähnlich wie in der Stadt? Auch Brigitte Scholz, Leiterin des Kölner Amts für Stadtentwicklung, wirbt in den Stadt-Umland-Verbünden für einen »Dichtekodex«. Scholz sagt: »Wir brauchen gute Beispiele, sonst können wir nicht überzeugen.« Sie schwärmt von Vorbildern in den Niederlanden, die Pate für das neue Quartier Rondorf Nord-West standen, das gerade im Kölner Süden entsteht. »Da gibt es Town Houses mit zwei Eingängen, der eine führt ins Erdgeschoss, der andere nach oben. Das ist nicht mehr das freistehende Einfamilienhaus, vermittelt aber immer noch ein ähnliches Gefühl.« Über eine größere Flächeneffizienz müsse man sich aber in jedem Fall verständigen. »Denn eines können wir nicht: die Flächen vermehren, die wir haben«, so Scholz.

 

Seit 1992 arbeitet Köln bereits mit seinen Nachbarkommunen im Verein »Region KölnBonn« zusammen. Zweimal im Monat trifft man sich, um ein »Agglomerationskonzept« zu erstellen, das die Region vor dem Verkehrsinfarkt bewahren soll. 

 

Die Autobahnen und Bundesstraßen sind bereits jetzt genauso voll wie die Züge. »Während der Hauptverkehrszeit bekommen wir keine zusätzlichen Züge mehr nach Köln rein, weil der Bahnknoten Köln komplett überlastet ist«, sagt Norbert Reinkober vom Nahverkehr Rheinland (NVR). 

 

Und das hat viel mit den Pendlern zu tun. Nach Berechnungen des statistischen Landesamtes pendelten 2017 in NRW mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen über die Grenzen ihrer Gemeinde hinaus. Allein 337.359 Arbeitnehmer fahren täglich nach Köln hinein, während knapp die Hälfte aus Köln hinausfährt. Die Stadt wächst also am Tag regelmäßig um rund 150.000 Menschen, die sie dann abends wieder ins Umland ausspuckt. Die zurückgelegten Entfernungen nehmen dabei ständig zu. »Vor Jahren waren das noch 20 Kilometer. Heute weichen die Leute bis weit in die Eifel und bis hinter Gummersbach aus, weil sie in Köln keinen bezahlbaren Wohnraum finden«, sagt Norbert Reinkober vom Nahverkehr Rheinland. Die einfache Fahrt könne schon mal eineinviertel Stunden dauern. Und es kommt noch schlimmer, da ja nicht nur Köln, sondern auch der Rhein-Erft-Kreis und der Rhein-Sieg-Kreis starken Zuzug erwarten. 

 

Vordringliches Ziel aller Planer ist, auch angesichts der Debatten um Feinstaub und Stickoxide, die Pendler zum Umstieg auf die Bahn zu bewegen. Denn der aktuelle Befund des statistischen Landesamtes lautet: 70,2 Prozent nutzten zum Pendeln das eigene Auto, nur 13,1 Prozent öffentliche Verkehrsmittel und 8,2 Prozent das Fahrrad. Nichtsdestoweniger will NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) fast alle Bundesautobahnen in der Region Köln-Bonn ausbauen, etwa die A 1 zwischen dem Dreieck Erfttal und Köln-West, die A 3 von Leverkusen bis Kreuz Breitscheid sowie die A 4 zwischen Köln-Ost und Moitzfeld. Oder auch die Rheinspange 553 — eine geplante Autobahnbrücke über den Rhein zwischen Godorf und Niederkassel. Alles Projekte mit langen Laufzeiten. 

 

Zoomt man eine Ebene tiefer, werden die Probleme deutlich sichtbar. Im vergangenen Jahr veröffentlichten Köln mit fünf rechtsrheinischen Städte sowie dem Rheinisch-Bergischen Kreis und der Rhein-Sieg-Kreis ein Handbuch mit dem Titel »Raumperspektive 2035«. Als Partner kamen der Verein Region Köln-Bonn und die Verkehrsverbünde VRS und NVR dazu. Das Handbuch nennt konkrete verkehrspolitische Projekte unter anderem für die »Stadtlandschaft« zwischen Porz-Zündorf, Troisdorf und Niederkassel. Beispielhaft zeigt sich hier, wie die geplante Rheinbrücke bei Niederkassel anderen Bestrebungen zuwiderlaufen könnte, und zwar einer im Bau befindlichen Ortsumgehung von Troisdorf, potenziellen Siedlungsflächen, dem Klimaschutz und der Landwirtschaft. »Generell muss dieser Südraum noch mal ganzheitlich betrachtet werden«, sagt deshalb Jens Grisar von Region Köln-Bonn. 

 

So sinnvoll die Verlagerung auf die Schiene sein mag, sie bringt auch Schwierigkeiten mit sich. Das Handbuch »Raumperspektive 2035« nennt ebenfalls mehrere geplante Stadtbahn-Projekte wie Verlängerungen der Linie 1 über Bensberg bis nach Kürten, der Linie 7 über Zündorf bis zur Ranzeler Straße oder der Linie 4 bis zum Leverkusener Klinikum. Verlängerte Linien bedeuten aber auch mehr Fahrgäste und längere Fahrzeiten. Wer in der Bahn wie in der Sardinenbüchse steht und auch noch länger braucht als mit dem Auto, steigt nicht um. Für Jens Grisar von Region Köln-Bonn sind deshalb zwei Fragen grundlegend: »Wie kann man substanziell mehr Menschen damit transportieren? Und wie bekommt man schnellere Fahrzeiten hin?« Deshalb, so Grisar, müsse nicht nur über dritte Waggons, sondern auch über schnellere Antriebswagen und neue Signaltechnik nachgedacht werden. 

 

Auch Regional- und S-Bahnen haben die Kapazitätsgrenze erreicht. »Wir hätten das Geld, um mehr Züge auf die Schiene zu bringen, aber das Bahnnetz lässt im Moment nicht mehr zu«, sagt Nobert Reinkober vom NVR. Um mehr Platz zu schaffen, sollen beispielsweise die S 11 ausgebaut werden, Hauptbahnhof und Deutzer Bahnhof einen neuen Mittelbahnsteig erhalten und Kalk einen zweiten Haltepunkt bekommen. Das allerdings funktioniert nur, wenn ein weiteres Großprojekt im Rechtsrheinischen angegangen wird: »Wir wollen Köln-Deutz zu einem großen Knotenpunkt ausbauen«, sagt Norbert Reinkober. Der Kölner Hauptbahnhof soll samt Deutz zu einem Großbahnhof mit zwei Terminals umgestaltet werden. Ein erster Schritt ist, den Deutzer Bahnhof barrierefrei auszubauen. Dass der Bahnknoten Köln außerdem auch auf Bundesebene im Bundesverkehrswegeplan 2030 mit insgesamt 15 prioritären Maßnahmen genannt wird, könnte zu weiteren Entlastungen führen. 

 

Norbert Reinkober denkt allerdings Mobilität in der Region viel umfassender: »Der beste Verkehr ist der, der gar nicht erst stattfinden muss.« Reinkober nennt den Erhalt dörflicher Strukturen im Umland oder die Förderung von Arbeit im Home Office. So könnte etwa die Initiative von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für ein Recht auf Home Office auch verkehrspolitisch wirken. »Ein Tag Heimarbeit in der Woche kann bis zu 10 Prozent weniger Verkehr bedeuten«, sagt Norbert Reinkober. 

 

Doch ob Straße oder Schiene, Großprojekte brauchen Zeit und kosten viel Geld. Die größte Hoffnung liegt daher auf zwei Maßnahmen: erstens ein Radschnellwege-Netz für die gesamte Stadt-Umlandregion. »Es werden vier große Radpendlerrouten mit Zuleitungsrouten entwickelt, die sternförmig rund um das rechtsrheinische Köln liegen«, sagt Jens Grisar vom Verein Region Köln-Bonn. Sie führen von Köln nach Leverkusen, Bergisch Gladbach, Rösrath und Niederkassel-Troisdorf. Radschnellwege ließen sich relativ schnell und günstig bauen, so Grisar. 

 

Eine zweite Maßnahme verbirgt sich hinter dem Begriff Multimodalität. Gemeint ist, den Menschen an sogenannten Mobilstationen gleichzeitig mehrere Verkehrsmittel zur Auswahl zu stellen. Wie das aussehen kann, lässt sich am Bahnhof Frechen beobachten: Dort halten nicht nur Stadtbahn und Bus, dort soll auch der neue Radschnellweg nach Köln beginnen. Es gibt Stellplätze für Park & Ride und Bike & Ride, dazu Ladestationen für E-Mobilität. Das werde sehr gut angenommen, sagt Christian Stahlschmidt, der Amtsleiter für Technische Infrastruktur in Frechen. Insgesamt 460 solcher Mobilitätstationen sollen in Zusammenarbeit mit dem NVR in den nächsten Jahren eingerichtet werden. Zudem kann man inzwischen mit Tickets des Verkehrsverbunds aus Euskirchen, Bonn und Gummersbach das Fahrradverleihsystem in Köln für 30 Minuten gratis dazubuchen. 

 

Doch der Zeitplan der Großprojekte auf Straße und Schiene wird mit dem Zuzug der Menschen nicht mithalten können. Autos und Züge werden sich auch weiterhin auf ihren Trassen stauen. Und ob die Menschen auch bei Wind und Wetter über die Radschnellwege zur Arbeit pendeln? »Wir werden im Verkehr einiges aushalten müssen«, sagt die Kölner Amtsleiterin Brigitte Scholz. »Aber ein solcher Druck erzeugt ja auch Veränderung und setzt Ideen frei.« 


Fotos: Marcel Wurm, Judith Schmidt