Schluss mit dem Blechslalom: Deutzer Freiheit ,Foto: Marcel Wurm

Deutzer Autofreiheit

Anwohner wollen den Deutzer Ortskern entrümpeln

Es wäre nicht angemessen, eine politische Initiative nur wegen ihres Wortspiel-Potenzials zu gründen. Tatsächlich geht es der »Deutzer Autofreiheit« um mehr als Sprachkunst. Die Anwohnerinitiative will die Deutzer Freiheit, eine knapp 450 Meter lange, stets überfüllte Einkaufs- und Flaniermeile durch den Kern des Veedels, für Autos sperren — erst mal für drei bis sechs Monate. »Das soll ein Experiment werden, von dem wir glauben, dass es für die Menschen und das Leben in Deutz eine gute Sache ist«, sagt Sabine Büttner von der »Deutzer Autofreiheit«. Mitte Februar hat ihre Initiative zum Dialog geladen. Der Andrang war enorm, knapp 200 Menschen füllten das Deutzer Bürgerzentrum bis in die letzte Ecke.

 

Entstanden war die Idee im Sommer 2017 nach dem »Tag des guten Lebens«, an dem ebenfalls keine Autos fahren durften. »Da haben hier viele Menschen erlebt, was es mit Deutz macht, wenn man wieder mehr Platz hat, um sich draußen aufzuhalten«, sagt Büttner. Und vielen habe das gefallen. »Wir wollen darüber ins Gespräch kommen, wie wir Deutzer uns unser Veedel in Zukunft vorstellen«, erklärt Büttner. Dafür mache man jetzt einen Vorschlag. Der sieht vor, die Deutzer Freiheit nur für Lieferverkehr und die Seitenstraßen nur für Anwohner freizugeben sowie die knapp 90 Parkplätze auf der Freiheit größtenteils wegzunehmen.

 

»Die Straße hat derzeit eine miese Qualität«, sagt Ulrich Soénius, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK), der Mitte Februar im Bürgerzentrum als Experte vor Ort war. Er sei zwar noch unentschieden, ob er für oder gegen eine komplett autofreie Deutzer Freiheit sei, aber bei der Aufenthaltsqualität sehe er für die »Lebensader« des Viertels Nachholbedarf. »Und Menschen kommen nun mal nur dorthin, wo sie sich gerne aufhalten«, so Soénius. Vor allem die Gewerbetreibenden in Deutz sind skeptisch, das zeigte sich auch im Bürgerzentrum. Einige Anwesende erinnerten an einen vergleichbaren Pilotversuch Ende der 80er Jahre, der für die ansässigen Händler damals existenzbedrohend gewesen sei. Als die »Deutzer Autofreiheit« aber jüngst stichprobenartig den Verkehr auf der »Freiheit« erfasste, zählte sie 80 Prozent Fußgänger. Sie umkurven parkende Autos, Baustellen und vermüllte Blumenkübel aus Beton.

 

Die Initiative will nun einen Bürgerantrag stellen, der erst zur Prüfung an die Stadt gehen und dann der Bezirksvertretung Innenstadt zur Beratung vorgelegt -werden soll. Dort müsste sich
eine Mehrheit für eine autofreie Deutzer Freiheit aussprechen. Bis dahin bleibt die »Deutzer Autofreiheit« ein Fall für Sprachästheten.