»Reallabor« für »Raumprogramme«: Ebertplatz, Foto: Marcel Wurm

»Die Autos kann man weglassen«

Der Ebertplatz soll umgebaut werden. Doch die Pläne der Verwaltung stoßen auf Widerstand

 

 

Der Ebertplatz ist ein Glücksfall. Um keinen Platz kümmern sich Politik und Verwaltung derzeit mit solcher Entschiedenheit. Der Ebertplatz ist allerdings auch ein ideologischer Streitfall. »Diese Architektur ist für mich gescheitert«, sagt Niklas Kienitz (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses. »Das ist ein unglaublicher Schatz«, meint dagegen Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke (Grüne) zur unterirdischen Passagenarchitektur. 

 

Der Riss geht durch die gesamte Stadtgesellschaft. Das hat auch die Debatte um die Denkmalwürdigkeit des Ebertplatzes gezeigt. Kaum kündigte der Landschaftsverband Rheinland (LVR) im Mai 2018 eine Prüfung an, erhob sich ein Proteststurm. LVR-Direktorin Ulrike Lubek ruderte daraufhin zurück und gab die Verantwortung an die Stadt Köln zurück. Deren Stadtkonservator Thomas Werner allerdings hält eine Prüfung nicht für notwendig, trotz vehementen Einspruchs des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege. Der Zwist zeigt sich aber auch in einem jetzt von der »Lenkungsgruppe Masterplan Innenstadt« und der Verwaltung vorgelegten Papier, das Grundlagen für die Umgestaltung des Ebert-platzes aufführt.

 

Einigkeit herrscht zumindest bei den Forderungen, den Ebertplatz als »grünen Platz« mit Baumbewuchs zu gestalten, was sowohl stadtklimatisch Sinn ergibt, als auch stadträumlich einen Zusammenhang zum Grünareal am Theodor-Heuss-Ring herstellt. Doch schon bei der städtebaulichen Gestaltung gehen die Meinungen weit auseinander. Die Verwaltungsvorlage möchte die »von Verkehrswegen umgebene Insellage« erhalten, die »Angsträume« der unterirdischen Passagen aus kriminalpräventiven Gründen aber aufgeben. Man will aus den Ergebnissen der derzeitigen Zwischennutzungen lernen, die das Stadtraummanagement gemeinsam mit Initiativen nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes im Oktober 2017 mit immerhin 1,5 Mio. Euro angeschoben haben. »Ich sehe nicht, dass wir den Zustand der Interimsnutzungen dauerhaft haben«, sagt Niklas Kienitz (CDU), der wie Andreas Hupke in der Lenkungsgruppe sitzt. Er plädiert dafür, das Platzniveau anzuheben, und kann sich eine Verschwenkung der südlichen Fahrtrasse nach Norden vorstellen, um den Ebertplatz an den Eigelstein anzubinden — die Insellage wäre damit passé.

 

Richtig ist, dass die derzeitige Interimsnutzung des Ebertplatzes eine Reaktion auf 20 Jahre städtische Vernachlässigung von Brunnen, Rolltreppen und Beleuchtung ist. Also auf eine Ausnahmesituation. Die Verwaltung allerdings sieht darin ein »Reallabor« zur Entwicklung von »Raumprogrammen«. Deshalb sei »keine völlig neue, eigenständige Bürgerbeteiligungsstrategie« mehr vonnöten. Da erhebt nicht nur Niklas Kienitz Einspruch. Michael Weisenstein (Die Linke) plädiert dafür, in Sachen Nutzung intensiv mit den Initiativen zu sprechen, die bisher den Platz bespielt haben. Außerdem sei es eine Illusion, in einer Großstadt Kriminalität vollständig verdrängen zu können, es gelte eher, die soziale Schieflage zu korrigieren. »Wir brauchen am Ebertplatz auch ein Beratungsangebot für Menschen, die Probleme haben«, so Weisenstein. Er wendet sich gegen eine Videoüberwachung, die allerdings vom NRW-Innenministerium zugesagt und von der Kölner Polizei bereits beantragt ist. »Eine Bewilligung steht noch aus«, teilt die Pressestelle der Polizei dazu mit.

 

Die größten Verwerfungen allerdings werden sich beim Verkehr auftun. Über bessere Wege für Fußgänger und Radfahrer herrscht gerade noch Konsens. Doch die Verwaltung will die »Insellage« erhalten und die Fahrspuren allenfalls »redimensionieren«. Auch Einspurigkeit sei allerdings denkbar. Grundlage aller Planung soll ein Verkehrsgutachten sein, das jedoch noch nicht einmal ausgeschrieben ist. Ähnlich wie die CDU kann sich auch Andreas Hupke (Grüne) den Anschluss der Platzfläche an den Eigelstein vorstellen. Die Haltestellen der Buslinien 140 und 127, die die Verwaltung erhalten will, sieht Hupke kritisch: »Ohne Verlegung der Busendhaltestellen macht die Umgestaltung keinen Sinn«. Für den Autoverkehr soll eine Fahrspur pro Richtung ausreichen, der Theodor-Heuss-Ring sogar für den Durchfahrtsverkehr komplett gesperrt werden. Noch weiter geht der Architekt Roosbeh Badie, der 2014 einen Vorschlag für die bestehende Bebauung des Ebertplatzes vorgelegt hatte: »Die Lösung der Verkehrsproblematik ist die Lösung für alles«. Man müsse entscheiden, wie man den Verkehr reduziere. »Das einzige, was man weglassen kann, sind die Autos«, sagt der Architekt. Die Gegenposition dazu nimmt die FDP ein, sie will die Verkehrsspuren erhalten, wie sie sind. 

 

Im März wird die Vorlage in der Bezirksvertretung Innenstadt diskutiert und anschließend im Stadtentwicklungsausschuss verabschiedet. Man kann davon ausgehen, dass am Ende ein Kompromiss stehen wird, der wie bei der Stadtbahn auf der Ost-West-Achse jegliche Haltung vermissen lässt.