Die wahre Cinephilie

Filmgeschichte auf Kölner Leinwänden

Mitte März jährt sich zum siebten Mal der Tod des Kölner Filmkritikers Helmut W. (»Wladimir« für die Ämter; »Winchester« für seine Freunde) Banz, der Kölns Kinolandschaft fehlt — auch als ein Prachtbeispiel dafür, was es heißt, mit dem Kino zu leben. Früher hätte man einen entdeckungswilden und erfahrungshungrigen Geist wie ihn »cinephil« genannt, aber da jetzt gerade in Berlin der »Hauptverband Cinephilie« gegründet wurde, ist der Begriff verdreckt. Cinephilie hat nichts mit Artenschutz zu tun und erst recht nichts mit Bürokratie. Cinephilie ist Freischärlertum im Kampf um die Seelen und Köpfe der Kinointeressierten, und er hat nichts mit Film als Kunst im bürgerlichen Sinne gemein.

 

Der Cinephilie geht es darum, das Leben durch das Kino wahrzunehmen — was mit »Kunstfilmen« genauso geht wie mit Genrekonfektion. Die Cinephilie liebt das Kino als Populärkunst für die Massen — sie mag elitär wirken, wenn sie höhere Werte in niederen Werken zu entdecken vermeint, aber sie stellt den Wert dieser Filme als Volkskunst nie in Frage. Das, was heute unter Cinephilie läuft, verachtet die Multiplexkost, das -Genrehandwerks und damit die Menschen, denen dieses Kino Freude bereitet. Mich langweilen zugleich jene Arbeiten, die sie propagiert, mit ihren falschen Gewissheiten. 

 

Die vier Preziosen, welche der Filmclub 813 Mitte März in Erinnerung an Helmut Banz zeigt, spiegeln wunderbar wider, was Cinephilie ist: Michael Cacoyannis »Das Mädchen in Schwarz« (1956), eine prächtige Mixtur aus visuell streng gestaltetem archaisch-ländlichen Drama und loser, realistischer Milieustudie (1956); Mitchell Leisens klassenbewusste Screwball Comedy »Midnight« (1939); Robert Hosseins giftige Gesellschaftsanalyse in Krimigestalt »Nachts fällt der Schleier« (1959); sowie Charles Laughtons surrealistischer Alb für Erwachsene »Night of the Hunter« (1955). Sie alle verstehen es, Stoffe, die durch klare Regelwerke definiert sind, in etwas Besonderes zu verwandeln, ohne dabei diese Grundstrukturen in Frage zu stellen. Für jeden dieser Filme ist das Kino auf eine ganz selbstverständliche Weise ein Spiel wie auch ein Experiment, bei dem die Zuschauer gleichberechtigte Partner sind. Das ist Kino. Das ist Cinephilie. Alles andere ist Arthouse und Feuilleton.