Gruppenbild mit Jugend: Marvin Stutzer vom Jugenndring im Kapuzenpulli , Foto: Marcel Wurm

Appetit auf Vorschuss­lorbeeren

Die Stadt eröffnet ein Jugendbüro und sieht sich auf einem guten Weg für mehr Kinderrechte

 

Die Altstadt ist um eine Attraktion reicher. So sehen es OB Henriette Reker und Jugenddezernentin Agnes Klein. Denn die Stadt eröffnet am Alter Markt ein »Jugendbüro«, um zu verdeutlichen, dass Köln auf dem Weg zur »Kinderfreundlichen Kommune« sei.

 

Vor gut einem Jahr hatte die Stadt den »Aktionsplan Kinder- und jugendfreundliches Köln« vorgelegt, um das Siegel »Kinderfreundliche Kommune« von Unicef und Deutschem Kinderhilfswerk zu bekommen. Köln verpflichtete sich damit als erste deutsche Millionenstadt zu den Zielen der UN-Kinderrechtskonvention. Dazu gehören eine stärkere Beteiligung, Vorrang des Kindswohls, bessere Gesundheitsversorgung und Bildung. Das Jugendbüro ist Teil des Aktionsplans: Kinder und Jugendliche sollen Informationen, Beratung und die Möglichkeit erhalten, sich auszutauschen. Das Büro ist mit drei Stellen besetzt, neben zwei städtischen Vertretern wird Marvin -Stutzer dort arbeiten. Er ist Vorsitzender des Kölner Jugendrings, dem Zusammenschluss von rund 20 Kinder- und Jugendverbänden. Stutzer sieht das Büro als »Schnittstelle, um gute Ideen, die es schon gibt, in die Tat umzusetzen«, aber auch neue Beteiligungsformate zu entwickeln.

 

Zugleich stellte die Stadt die Ergebnisse einer Online-Befragung unter Kölner Jugendlichen von 2018 vor: Sie forderten mehr Treffs und Sportmöglichkeiten, aber auch eine autofreie Innenstadt, bessere Fahrradwege und einen Jugendtarif der KVB. Würde das ernstgenommen, hätte dies weitreichende Folgen für Politik und Verwaltung. Jugenddezernentin Klein spricht denn auch von »Abwägungsprozessen«, die nötig würden. 

 

Unterdessen kritisiert der ehemalige Streetworker Franco Clemens, der für die Linke im städtischen Jugendhilfeausschuss sitzt , dass benachteiligte Jugendliche in der Umfrage unterrepräsentiert seien. »Wenn 80 Prozent der befragten Jugendlichen angeben, gerne in Konzerte, Kino, Museen, Theater, Musicals oder ins Kino zu gehen, dann ist das eine Welt, zu der benachteiligte Jugendliche keinen Zugang haben«, so Clemens. Er fordert mehr Partizipation, etwa durch »verpflichtende Jugendräte in den Jugendzentren und Schulen«.

 

Im Herbst findet anlässlich 30 Jahren UN-Kinderrechtskonvention eine Konferenz im Gürzenich statt. Dann wird zudem die Verleihung des Siegels »Kinderfreundlichen Kommune« an Köln anderthalb Jahre zurückliegen und ein »Halbzeitgespräch« zwischen Stadt und Unicef stattfinden, wie deren Vertreterin Anne Lütkes ankündigt. Das Siegel seien »Vorschusslorbeeren, die wir aber gern annehmen«, sagt OB Reker. Jetzt muss Köln diesem Vorschuss gerecht werden.

 

 

 

Kinder- und Jugendbüro Köln
Alter Markt 62–64, Ö: Mo–Fr 12–20 Uhr, Sa/So 14–20 Uhr. Offiziell eröffnet die Anlaufstelle am 1. April, bis dahin ist dienstags und donnerstags von 15–18 Uhr geöffnet.