Ein Gauner und Gentleman

Robert Redford spielt ein letztes Mal den charmanten Outlaw

Es wird schwer sein, kommenden Generationen zu erklären, was die Faszination Robert Redfords ausmachte. Stets ein wenig zu schön für die Welt, wurde er Schwarm, Lover, harmoniesüchtiger Outlaw und Gewissen vom Dienst. Sicher, Look und Charisma waren nicht hinderlich, doch war der archetypische Redford-Antiheld eben nicht nur Beau und Draufgänger — die gab und gibt es zu jeder Zeit —, sondern auch sanfter Rebell, den eine naive Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit, moralischer Integrität und persönlicher Freiheit umtrieb. Mal als Watergate-Reporter in »Die Unbestechlichen«, als Gefängnis-Reformer »Brubaker« oder Politaufsteiger »Bill McKay« fragte Redford durch seine Rollen, ob sich weltliche Geschicke nicht besser lenken lassen. Selbst als Räuber in »Zwei Banditen«, Trickser in »Der Clou« und Aussteiger in »Jeremiah Johnson« wirkte er wie die bessere Alternative zur erstarrten Obrigkeit.

 

Als er im vergangenen Jahr seinen Rückzug von den Leinwänden ankündigte, schien dies nur folgerichtig. Denn nicht nur das zurück zum Jahrmarktvergnügen regressierte Gegenwartskino hat sein Anrecht aufs Sundance-Kid verspielt. Auch die Welt selbst scheint zu ignorant und verbohrt, um sich vom herbstblonden Kinoflüsterer trösten zu lassen. 

 

Mit Regie-Idiosynkrat David Lowery hat sich aber noch ein Bruder im Geiste für den großen Schwanengesang gefunden. In den Low-Fi-Nischen der Indie-Welt, in denen sich Lowerys verhuschte Antihelden wie das Banditenpärchen aus »Ain’t Them Bodies Saints« oder das Gespenst aus seiner Trauermeditation »A Ghost Story« treiben lassen, war Redford bereit, ein letztes Mal den Renegaten mit Gefühl zu geben. Als Bankräuber Tucker durchstreift er den Süden der USA der frühen 80er Jahre — eine Zeit, die Lowery wie ein verlorenes Paradies sonnengegerbter Americana-Folklore aussehen lässt. Alles scheint einfacher, die Menschen weniger desillusioniert, und selbst die Bankräuber waren Gentlemen mit Manieren. Auch die Opfer seiner Überfälle schwärmen von ihren Begegnungen mit Tucker. Die guten alten Zeiten eben.

 

In dieser Welt schwoft der leicht tatterige Gauner von einer bewaffneten Transaktion zur nächsten, juxt mit seinen Banditen-Buddies (Tom Waits und Danny Glover) und stiehlt das Herz der einsamen Rancherin Jewel (Sissy Spacek), während er mit einem eher entspannt als verbissen ermittelnden Cop (Casey Afflect) Räuber und Gendarm spielt. Selbst der hat keine Lust, den galanten Gangster einzuknasten. Vielleicht will er nicht, dass Redfords Zeit auf der Leinwand zu Ende geht. Wer will es ihm verdenken?

 

 

Ein Gauner & Gentleman (The Old Man and the Gun) USA 2018, R: David Lowery, D: Robert Redford, Sissy Spacek, Casey Afflect, 93 Min. Start: 28.3.