Mehr Solidarität wagen: Attac-Demo »Europa anders machen« am 20. Juni 2015 in Berlin, Foto:attac

»Das bedeutet einiges«

Attac verliert den Status der Gemeinnützigkeit. In Köln will man nun neue Mitglieder gewinnen

Wer als gemeinnützig anerkannt werden will, verfolgt das Ziel, »die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern«. Paragraf 52 der Abgabenordnung beschreibt, wann Gemeinnützigkeit steuerlich anerkannt wird. Das globalisierungs-kritische Netzwerk Attac, bislang in Deutschland als gemeinnütziger Verein geführt, fällt künftig nicht mehr darunter. So entschied es der Bundesfinanzhof Ende Februar, indem er der Organisation mit Sitz in Frankfurt am Main die Gemeinnützigkeit aberkannte. Bislang war das Netzwerk teils von Steuerzahlungen befreit und konnte zudem Spenden ent-gegennehmen, die die Spender wiederum steuerlich absetzen konnten.

 

Das Gericht in München begrün-det seine Entscheidung damit, dass Attac Politik betreibe, die nichts mit den als gemeinnützig definierten Zwecken der Organisation zu tun habe. Denn Einflussnahme auf poli-tische Willens-bildung ist nur dann erlaubt, wenn sie einem gemeinnüt-zigen Zweck dient, den das Gesetz definiert. Attac entgegnet, man habe sich mit seinen politischen Engagement im Rahmen seiner Vereinssatzung bewegt. In der findet sich etwa die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Umweltschutz.

 

»Es liegt nahe, dass die Entscheidung des Gerichts einen politischen Hintergrund hat«, sagt Thomas Pfaff von Attac Köln. Kritik an der deutschen Steuerpolitik, die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer, aber auch die Zusammenarbeit mit linken Organisationen hätten Attac immer wieder in den Fokus der Bundesregierung gerückt. »Mit dem Vorgehen hat man nun einen Hebel gefunden«, so Pfaff. Ähnliches versucht derzeit auch die CDU auf Bundesebene, die der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Gemeinnützigkeit nehmen will, nachdem die DUH in vielen Kommunen Diesel-Fahrverbote vor Gericht erstritten hat.

 

Und die Folgen des Urteils für Attac Köln? »Direkt und indirekt bedeutet das einiges für uns«, sagt Thomas Pfaff von Attac Köln. Zum einen werde etwa ein Drittel des Etats der lokalen Gruppe wegfallen, weil die Gelder bei Attac über die Bundesstruktur verteilt werden. »Eigene Spenden bekommen wir eigentlich keine«, sagt Pfaff. Das habe kurzfristig dazu geführt, dass man einen Lagerraum nicht mehr anmieten konnte. Zum anderen ergebe sich ein Problem mit bisherigen Partnern, die bevorzugt mit gemeinnützigen Vereinen kooperierten, etwa Schulen.

 

Unvorbereitet trifft Attac die Entscheidung aber nicht. Während des fünf Jahre dauernden Rechtsstreits hat Attac bereits versucht, sich vom Status der Gemeinnützigkeit unabhängig zu machen. Längst läuft die bundesweite Kampagne »Jetzt erst recht!«. Thomas Pfaff sagt: »Im Moment sehen wir einen Solidaritätseffekt.« Allein in Köln seien seit dem Urteil 25 Mitglieder und Interessierte dazugekommen, bundesweit mehrere hundert. 

 

Darauf wollen die Kölner »Attacies« jetzt noch stärker setzen. »Wir wollen Leute dazu bewegen, uns beizutreten, aber natürlich auch, aktiv bei uns mitzumachen«, sagt Pfaff. Derzeit gibt es in Köln und Umgebung 700 Mitglieder. Die sind etwa in Bündnissen zum Erhalt des Hambacher Forsts aktiv oder vertreten das Thema »Wohlstand ohne Wachstum« beim Kölner Straßenfest »Tag des guten Lebens«. 

 

Nach Ansicht des Bundes-finanz-hofs ist Attac übrigens weniger am Gemeinwohl orientiert als etwa der 1. FC Köln, der im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 172 Mio. Euro machte.