From Kabul with Love

 

Anja Niedringhaus war als Fotografin an der Front und doch nie Kriegsfotografin

Gleich zwei Schauen widmen sich derzeit im Rheinland dem Genre Kriegsfotografie. Das Besondere aber ist: Im Düsseldorfer Kunstpalast und im Kölner Käthe Kollwitz Museum werden ausschließlich Frauen vorgestellt, die als Kriegs­reporterinnen unterwegs waren oder sind.

 


Während Düsseldorf acht Fotografinnen verschiedener Nationalitäten der letzten achtzig Jahre ­präsentiert, fokussiert Köln Anja Niedringhaus, die als erste deutsche Fotografin für ihre Irak-Serie 2005 den Pulitzerpreis erhielt und vor genau fünf Jahren, im April 2014 in Afghanistan starb. Ein Polizist erschoss sie auf dem Rücksitz ihres Wagens, kurz nachdem sie eine Straßenszene mit Soldaten fotografiert hatte, die einen gelösten, fast heiteren Eindruck machten. Diese letzten Bilder von Niedringhaus sind nebst Kamera mit Einschussloch Teil der Kölner Schau und vermitteln auf bedrückende Weise, wie schnell ein Moment kippen kann.

 


Niedringhaus, 1965 in Höxter geboren, starb in dem Land, das ihr das liebste war: Afghanistan. Die Bilder zeigen ein Afghanistan im Alltag des Krieges, dabei dominiert aber vielfach Blau, der Farbe des Landes, das seit Jahrtausenden den blauen Lapislazuli ans Tageslicht befördert. So stehen auch nicht Kampfszenen im Vordergrund, sondern Kinder, die verbotenerweise einen Drachen steigen lassen, verschleierte Frauen, die auf der Straße betteln oder ein Taliban, der im Moment der Aufnahme ein Tuch um seinen Kopf wirft, um anonym zu bleiben.

 


Insgesamt neunzig digitale und analoge Farbfotografien, thematisch und nach Einsatzregionen sortiert, zeigen Momente der Nähe und Menschlichkeit in von Kriegen zerrütteten Ländern wie Bosnien oder Irak. Demgegenüber stehen Portraitaufnahmen (Papst Johannes Paul II. oder Willy Brandt vor großem Publikum in Leipzig 1990, ihr Durchbruch als Agentur-Fotografin), aber auch Sportfotografien (die Williams-Schwestern in Wimbledon, Usain Bolt in Siegespose), die belegen, wie vielseitig diese ausgezeichnete Fotografin war.

 


Zwei sehenswerte Fotoschauen, deren Bilder, wie Anja Niedringhaus es einmal formulierte, »der Welt zeigen, wie ein Krieg oder Konflikt wirklich aussieht, wie es für die Opfer ist und was er für die Soldaten bedeutet«. Allein der Kölner Ausstellungstitel verstört: Wie kann man eine Frau, die Zeit Lebens eben das nie sein wollte: eine »Kriegsfotografin«, mit dem Unwort »Bilderkriegerin« betiteln?

 



»Anja Niedringhaus — Bilderkriegerin«, bis 30.6., Museum Kollwitz Köln, ­

kollwitz.de

»Fotografinnen an der Front. Von Lee Miller bis Anja Niedringhaus«, bis 10.6., Kunstpalast Düsseldorf, http://kunstpalast.de/

kunstpalast.de