Die Welt in blau: Blue Shell, Foto: Marcel Wurm

40 Jahre Blue Shell

Manchmal trifft man ältere Leute, die die Kölner Underground-Kultur der 70er Jahre mitgemacht haben, und natürlich will man wissen: Wo spielte eigentlich die Musik? Na, in der Innenstadt. In der richtigen Innenstadt, wo sich heute kein vernünftiger Mensch mehr in seiner Freizeit hineinwagt. Happenings auf der Ehrenstraße und Psyche­delic-Freak-Outs in Kneipen zwischen Heumarkt und Alter Markt. Unvorstellbar.

 


Das Blue Shell ist der letzte Club, der eine Ahnung von dieser Zeit vermittelt. Weil er bald seinen vierzigsten Geburtstag feiert, weil das Programm sich ungebrochen zu allen Off-Spielarten des Rock bekennt, aber vor allem weil — strikt geografisch gesehen — kein Club, der diesen Namen verdient, sich noch so eng an das alte Köln schmiegt. Wie der Bug eines stolzen Schiffes liegt der Laden genau am Treffpunkt von Luxemburger und Hochstadenstraße, der Barbarossaplatz ist nur ein paar Meter entfernt. Mit dem Luxor und dem Rose Club (heute Veedelclub) bildete das Blue Shell einst das legendäre Bermudadreieck, in dem viele versumpften, das aber bemerkenswerterweise auch etwas hervorgebracht hat: die Kölner Undergroundszene der 80er — mehr als das Bermudadreieck gab es eigentlich nicht. Ehrenfeld? Damals wollte man dort noch nicht mal wohnen!

 


Das Blue Shell ist Stadtgeschichte. Weil der Laden sich nie verkultet hat, die Geschichte — zu der auch die Anfangstage der Spex und die ekstatischen Indie-Partys von Rocco Clein zählen — ist ihm gleichsam »passiert«. Unter dem stilbewusst wertkonservativen Betreiber Rolf Kistenich hat sich das Blue Shell konsequenterweise nicht verändert. Ein Glück! Das blaue Licht, in das der Laden Abend für Abend getaucht ist, der schwarz-weiße Kachelboden, die niedrige Bühne — all das spricht von einer Zeit, in der Konzerte und Partys noch existenziell waren.
Bis heute finden die Konzerte im Blue Shell in einer direkten, ungeschützten Atmosphäre statt, Musiker und Publikum sind unmittelbar aufeinander angewiesen, wer sich auf der Bühne — oder vor ihr — hängen lässt, versaut die Stimmung. Alle wissen das, und deshalb ist die Stimmung hier so prickelnd. Im Blue Shell ist Musik Arbeit, aber die Belohnung, ein komplett euphorisiertes Publikum, ist riesig.

 


Programm unter blue-shell.de