Foto: Dörthe Boxberg

Ringkrampf

 

Die Ringe werden fahr­radfreundlicher. Ein ­bisschen jedenfalls

Es klingt wie der Schlusssatz eines Märchens. »Auf diese Weise wurde der Kölner Boulevard zu einer angenehmen Flaniermeile und einer sicheren Fahrradverbindung umgewandelt.« Was das Landesverkehrsministerium hier als Gegenwart verkauft, ist allerdings die Zukunft. Seit vier Jahren setzt sich die Initiative RingFrei dafür ein, die Ringe fahrrad- und fußgängerfreundlicher zu machen. Dafür soll eine Fahrspur in jede Richtung an den Radverkehr gehen, durchgängig vom Theodor-Heuss-Ring im Norden bis zum Ubierring im Süden. Jetzt hat RingFrei gewonnen — beim Deutschen Fahrradpreis. Die Initiative siegte in der Kategorie Kommunikation, bei der Infrastruktur lagen andere vorne. Denn entgegen den Ansichten des Verkehrsministe­riums, das die Sieger aus NRW lobhudelte, ist der Ring nicht so frei, wie RingFrei ihn haben will.

 


Wer sich dort auf eine Radtour begibt, stößt schnell an seine Grenzen. Meistens gilt die sogenannte Radwegebenutzungspflicht nicht, also dürfen Radfahrer trotz Radweg auf der Fahrbahn fahren. Manchmal, etwa vom Rudolfplatz Richtung Norden, gilt sie. An vielen Stellen wurde das Tempolimit auf 30 Stundenkilometer heruntergesetzt, an manchen gilt weiterhin Tempo 50. Und während man zwischen Eifelstraße und Ulrepforte auf einem breiten Fahrradweg auf der Straße radelt, nötigen einen andernorts parkende Autos zu einem Schlenker auf die linke Spur, wie südlich vom Barbarossaplatz. Die Umsetzung von RingFrei ist bislang Stückwerk, Terrain für mutige Pedalritter.

 


Im Mai bat RingFrei den Verkehrsausschuss zum Praxistest. Nicht um Leib und Leben der Verkehrspolitiker zu riskieren — sondern um zu zeigen, warum die Pläne für die nächste »Umsetzungsstufe«, die die Stadt kurz zuvor vorgelegt hatte, unzureichend sind. Die Stadt will Radfahrer weiterhin zwischen Straße und Radweg pendeln lassen, etwa am Rudolfplatz. »Das entspricht nicht dem Geist von RingFrei«, sagt Reinhold Goss von der Initiative. »Ganz klar, ganz einfach — und für alle ersichtlich« wünscht sich Mitstreiterin Gunda Wienke die Regelungen. »Durchgehend Tempo 30, komplette Aufhebung der Benutzungspflicht. Das Fahrrad auf die Straße — eine Spur fürs Auto, eine Spur fürs Fahrrad.« RingFrei glaubt, dass Menschen dann weniger gerne mit dem Auto und lieber mit dem Fahrrad über die Ringe fahren. Zahlen der Stadt legen das nahe: Zwischen 2014 und 2018 ist der Autoverkehr um knapp 28 Prozent zurückgegangen. Zudem führt RingFrei an, dass sich mehr als 80 Bildungseinrichtungen am Ring oder in der Nähe befinden. Für ihre Besucher könnte der Ring eine attraktive Fahrradstraße sein.

 


Im Juni wird der Verkehrsausschuss über die weiteren Pläne für die Ringe entscheiden. Es sieht so aus, als würde sich die Politik dafür aussprechen, die Ringe fahrradfreundlicher zu gestalten, als die Stadt es vorschlägt. Bis dahin müssen sich Kölns Radfahrer gedul­den. Wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.