Peter Godfrey-Smith, »Der Krake, das Meer und die tiefen Ursprünge des Bewusstseins«

Seit zwei Jahren findet auf Wissenschafts- und Feuilletonseiten ein Hype um Kraken und andere Kopffüßler statt. Trauriger Anlass ist die akute Bedrohung ihrer Lebenswelt durch Mikroplastik und Fracking. Diese wundersamen wirbellosen Tiere, die mit ihren Armen denken, einen dezentralen Kreislauf mit drei Herzen besitzen und über eine irrwitzige Anpassungs- und Verwandlungsintelligenz verfügen, brauchen dringend eine Lobby.

 

Der australische Philosoph und Taucher Peter Godfrey-Smith liefert mit seiner Studie dazu den Unterbau. Zwar ist das Buch gespickt mit verzückenden Kraken-Anekdoten (die Tiere sind in der Lage, individuelle Beziehungen zu Menschen aufzubauen), aber im Kern ist es eine evolutionstheoretische Betrachtung über die Herausbildung des Geistes, jenem Mischmasch aus Intelligenz und Emotionen. Das ist spannend zu lesen, denn der Weg der Kopffüßler ist ein ganz anderer, als der, der zu den Menschen führt — unser letzter gemeinsamer Vorfahre lebte vor über 300 Millionen Jahren. Godfrey-Smiths Pointe ist, dass bei aller radikalen Fremdheit der Kraken-Intelligenz eine Verständigung möglich ist.

 


Matthes & Seitz, 295 Seiten, 28 Euro