»Wir müssen ein freches Programm machen«

 

Für die nächste Spielzeit wird das »Theater der Keller« in den Deutzer Hafen umziehen

Lange schwebte die Kündigung über dem kleinen Theater in der Kleingedankenstraße. Nach 44 Jahren ist im Juli dort nun endgültig Schluss. Der Plan, auf dem Ebertplatz ein Provisorium zu errichten, zerschlug sich. Jetzt fand man für die kommende Spielzeit 2019/20 zeitweiligen Unterkunft bei der TanzFaktur in Deutz. Die ehemalige Autowerkstatt im Hinterhof an der Siegburger Straße wird zu einer zweiten Bühne ausgebaut. Keller-Indendant Heinz-Simon Keller über die Zukunft seines Theaters.

 

 


 
»Die Zukunft«, so lautet das Motto eurer kommenden Spielzeit »ist ein Vogel in unserer Hand«. Ist das aus purer Verzweiflung gewählt, weil euch nichts anderes übrig bleibt?

 


Heinz-Simon Keller: Der Titel drückt unseren Optimismus aus, weil wir weitermachen wollen, aber die Umstände schwierig waren und weiterhin schwierig sind. Jetzt haben wir eine tolle Chance für die Zukunft, weil wir am 26. September unsere neue Spielzeit in der Tanzfaktur eröffnen können. Das ist befreiend.
 

 

 


Wie hat sich das entwickelt, dass ihr die Räumlichkeiten im Deutzer Hafen nutzen könnt?

 

Slava Gepner hat uns gefunden. Die 600 Quadratmeter große Halle gegenüber wurde frei, und da hat er als Geschäftsführer der Tanzfaktur zugeschlagen. Er hat uns dann als Theater in die Räumlichkeiten eingeladen. Wir hatten aber auch die Solidarität der freien Theater in Köln, Studiobühne, Bauturm, Comedia und Orangerie, das war mal der Plan A. Da wären wir innerhalb Kölns die nächsten zwei Jahre gewandert. Die Idee, auf den Ebertplatz zu ziehen, ist gescheitert.
 

 


Bei der Größe der Halle in der Tanzfaktur ist die Spielfläche nun das Gegenteil von dem, was Ihr im Haus in der Kleingedankenstraße bespielt hattet. Heißt es jetzt think big?

 


Wir hatten die kleinsten Räume in Köln. Das war immer schwierig. Jetzt müssen wir gucken, wie wir die neuen Räume nutzen. Wir spielen ja auch Repertoire. Da müssen wir neu überlegen. Zum Beispiel »Das Fest« werden wir im Foyer spielen. Das eignet sich sehr gut, die Enge bleibt bestehen. Für »Clockwerk Orange« müssen wir noch überlegen. »Terror« lässt sich natürlich wunderbar in der großen Halle spielen. Da können wir die Weite des Gerichtssaals zeigen.
 

 

 


Gibt es Überlegungen, das Theater, das ihr spielt, ästhetisch grundsätzlich anders anzugehen?

 

Durch die Räumlichkeiten entstehen neue Sichtweisen auf Stücke. Wir können diese Guckkastensicht aufbrechen. Das freut mich sehr, das müssen wir ausnutzen. Wir müssen uns natürlich etwas einfallen lassen, unsere Zuschauer aus der Kleingedankenstraße zu halten und die Deutzer zu gewinnen, in unser Theater zu kommen. Wir müssen einfach weiter ein gutes, freches Programm machen. Mit dem »Zauberer von Oz« werden wir die Geschichte des Kellers reflektieren, eine Welt zu versprechen und sich dann nicht daran zu halten. Dieses Auf und Ab ist eine unendliche Geschichte für das Theater der Keller, politisch und finanziell.

 

 


Was werden wir noch sehen?

 

Wir eröffnen die neue Spielstätte mit der Bühnenfassung von Irmgard Keuns Roman »Gilgi«, dabei will ich die alte Kölner Schriftstellerin mit der jungen konfrontieren. ­Desweiteren gibt es »Die Mars-Chroniken« nach Motiven von Ray Bradbury. Da führt Ulrike Janssen Regie, es wird um Abgrenzung gehen. In »All das Schöne« von Duncan Macmillan wird Regisseur Philipp Plessmann mit Matthias Köhler selber auf der Bühne stehen. Und die Schülerinnen und Schüler von unserer Theaterschule führen »Nichts« von Janne Teller auf.

 

 


 
Die künstlerische Leitung plant ihr zukünftig auch zusammen, also Theater der Keller und Tanzfaktur?

 

Der Einfluss vom Tanz bringt Synergie, das wird wachsen. Geplant ist zum Beispiel schon für Januar 2020 das Projekt »Fightclub«, das produzieren wir zusammen mit Schauspielern und Tänzern. Durch Tanz kann man Gewalt in einer ästhetischen Form darstellen. Das finde ich sehr spannend. Geplant ist das Interim in Deutz erst mal nur für ein Jahr. Ich gehe aber von einer längeren Zeit aus.

 

 


Ihr hattet neue Räume in der Südstadt gefunden, am Kartäuserwall 18. Doch da könnt ihr frühestens zur übernächsten Saison wiedereröffnen.

 

Bislang sind das noch soziokulturelle Gewerberäume, die aber von der Immobilienfirma LEG gekündigt wurden. Es gibt dort eine Mietpreisbindung, die nun endet. Wir haben aber noch nichts unterschrieben.

 


Das ist die Crux. Die Mieter der Werkstätten müssen raus. Dafür zieht das Theater der Keller ein.

 


Ich persönlich sehe eher, dort eine gemeinsame Lösung zu finden und auch nach Synergien zu suchen. Zum Beispiel mit der GWK, einem Träger, der mit Menschen mit Behinderung arbeitet. Wir könnten inklusive Theaterprojekte anstoßen. Wir werden sehen.

 


Eine letzte Frage: Ist die Genehmigung für die Halle in Deutz mittlerweile durch?

 

Ich gehe davon aus, dass wir die jetzt von der Verwaltung zeitnah bekommen. Ansonsten hätten wir in Köln die nächste Lachnummer. Das ist ja nur eine provisorisch Genehmigung.

 

 


»Gigli«, A: Irmgard Keun, R: Heinz-Simon Keller, Eröffnung Theater der Keller: 26.9., Siegburger Str. 233