Am Leben

 

 

Das Solo »Best of 65« von Silke Z. für Angus ­Balbernie feiert seinen Geburtstag

 

Mit dem Rücken zum Publikum, Gesicht zum schwarz verhängten Fenster des Ehrenfeldstudios, tänzelt Angus Balbernie vor sich hin. Er trägt schwarzen Anzug und ­weißes Hemd zur Feier des Tages, reckt eine lockere Faust, federt in Knien und Hüfte im Takt einer ewig gleichen Musik. Formlos, in seinem energischen Wohlfühlwippen alterslos. Ab und zu im Laufe dieser Performance schaltet er sich in ­diesen Modus. Immer wieder auch sieht er sich selber zu, auf einer Filmprojektion in Schwarzweiß: Der Junge, der er war, schwingt an einem Seil, vor unscharfen Bäumen. Von Barbara Schröer auf ­Slow-Motion gestellt, wird diese Erinnerung fast zum Standbild.

 


Andere Rückblicke sind schwerer zu deuten, vermutlich stammen die recht erdverbundenen Tanzsequenzen mit schlängelnden Armen und bückendem Körper aus früheren Choreografien und die zu pathetischen Gesten erhobenen Hände und der gereckte Kopf aus Schauspielstücken. Denn Balbernie gehört immer schon zu beiden Genres, das macht ihn besonders — und das spielte er schon in früheren Stücken der Choreografin Silke Z. aus. Hier rackert er sich nun mit Armefitzeln und wackligem Stehen auf einem Bein ab, wie zum Beweis, was noch geht. Da tappt die Performance aber leider ins Klischee, doch behauptet sie auch keinen banalen Zweckoptimismus in Sachen Alter.

 


Den bezaubernden Balbernie zeigt sie, wenn er seine klugen Sätze über Theater, Welt, Imagination und Spott über heutigen theaterwissenschaftlichen Jargon heraussprudeln darf. Wenn nur sein Körper im Tanzen »redet« und eifert, langweilt er leider. Die Idee, ihn per Text auf der hängenden Leinwand anzureden, »Are you ok?«, oder das Publikum zum Aufstehen zu kommandieren, was es prompt tut, ist vielleicht ein Hinweis der Choreografin aufs vermehrt unkörperliche, digitale Kommunizieren heutzutage. Doch es führt hier zu nichts weiter.

 

Soll’s das gewesen sein? So oft und leidenschaftlich auf der Bühne gestanden, nein, nicht gestanden, sondern getanzt, und dann mit 65 Jahren abtreten? Oder weitermachen? Für diese Fragen und mit Angus Balbernie hat Silke Z. »Best of 65« geschaffen. Der Schotte ist seit langem ein selbstironischer und sprachgewandter Protagonist in ihren Stücken und denen der anderen Resistdance-Choreografin Caroline Simon. Das Label Resistdance wird mit diesem »Best of« nämlich ebenso gefeiert: Es besteht seit 20 Jahren in Köln samt internationaler Vernetzung und hört auch nicht auf.

 



»Best of 65«, C: Sike Z. Nächste Aufführungen im Oktober 2019 in den Ehrenfeldstudios