Viel Rauch um nichts: Blick auf den Godorfer Hafen

Stop-and-Godorf

CDU und Grüne verhindern endgültig den Ausbau des Godorfer Hafens, die SPD tobt

Die Straßen der Stadt sind verstopft, Dreck und Lärm nehmen zu, immer mehr Güter werden auf den Straßen transportiert. Nicht nur Online-Bestellungen, die von Paketboten ausgeliefert werden, sondern auch Rohstoffe, die Lkw durch die Stadt fahren.

Die Politik ist sich einig, diese Transporte auf Bahn und Schiff zu verlagern, weil es umweltfreundlicher ist. Aber braucht es dafür einen Ausbau des Godorfer Hafens im Kölner Süden? Der ist seit mehr als drei Jahrzehnten geplant. Doch immer wieder wurden die Pläne durchgekreuzt vom Protest der Umweltinitiativen, den politischen Mehrheiten im Stadtrat und auch von Gerichtsentscheidungen. Eine breite Mehrheit im Stadtrat will sich nun endgültig von der Idee verabschieden. CDU und Grüne bereiten mit FDP und Linke den Ausstieg vor, im Rat hält niemand mehr den Ausbau für nötig — niemand außer der SPD.

Nur außerhalb des Ratssaals erhält die SPD noch Zustimmung: von der IHK, von den Gewerkschaften und von der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK), dem städtischen Logistikunternehmen, zuständig für den Hafenumschlag und Eisenbahngüterverkehr sowie Betreiber der beiden Häfen in Niehl und Godorf. Die Wirtschaft benötige den Ausbau, sagen die Befürworter. Außerdem würden dann täglich 240 innerstädtische Lkw-Fahrten vermieden. »Der Ausbau wäre ein umweltfreundliches, nachhaltiges Projekt, gerade vor dem Hintergrund des jüngst ausgerufenen Klimanotstands«, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten — obwohl ein Ausbau fast die Hälfte des Naturschutzgebiets Sürther Aue zerstören würde, rund 15 Hektar.

Für die Grünen erfüllt sich mit der sich anbahnenden Entscheidung gegen den Ausbau ein lang verfolgtes Ziel. Mit Umweltinitiativen und Bürgern im Kölner Süden kämpfen sie seit Ende der 80er Jahren gegen die Pläne. Lange scheiterte das endgültige Aus an der CDU, obwohl auch CDU-Politiker aus dem Kölner Süden gegen die Hafenerweiterung waren. Heute ist die CDU geschlossen gegen den Ausbau, auch wenn SPD-Fraktionschef Joisten sagt, er habe »viele zustimmende Briefe« für sein Engagement erhalten, »auch von CDU-Mitgliedern, da sind große Namen dabei!«

Sprachen für die Gegner des Ausbaus früher vor allem ökologische Gründe dagegen, sind es heute auch wirtschaftliche. Die optimistischen Prognosen der Ausbaubefürworter sind nicht eingetreten. »Das reale Wachstum des Containerumschlags ist weit hinter den Prognosen der HGK-Gutachten zurückgeblieben«, sagt Jörg Frank, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Rat.

Hinzu kommt: Im Industriepark Köln-Nord wird ein Terminal für den kombinierten Ladeverkehr (KLV) gebaut und soll zum Logistikzentrum erweitert werden. »Dadurch werden jährlich 250.000 Lkw-Fahrten durch die Stadt eingespart«, sagt Jörg Frank. Dafür sei eine Investition von mehr als 60 Mio. Euro notwenig. Im Norden würden dann die Lkw-Ladungen am Terminal Nord auf die Schiene umgeladen und im Süden am Bahnhof Eifeltor, dem größten Container-Umschlagbahnhof in Deutschland.

SPD-Fraktionschef Joisten wendet ein, es werde noch Jahre dauern, bis das Logistikzentrum im Norden vollständig errichtet sei, und die Kapazitäten im Süden reichten nicht aus. Zwar gibt auch Joisten zu, »dass manche Prognosen nicht eingetroffen sind«, aber vieles spreche dafür, »dass es noch zu deutlich höherem Containerumschlag kommen werde«. Bis 2030 werde die Verkehrsleistung der deutschen Binnenschifffahrt um mehr als 20 Prozent steigen, sagt Joisten und beruft sich auf Prognosen des Bundesverkehrsministeriums vom Mai dieses Jahres. »Völlig aus der Luft gegriffen« seien die ungünstigen Prognosen der Kritiker, so Joisten. Zudem habe ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers Ende 2016 dem Ausbau ein positves Nutzen-Kosten-Verhältnis bescheinigt.

CDU, Grüne, FDP und Linke aber halten den Ausbau, der rund 75 Mio. Euro kosten würde, für wirtschaftlich unsinnig. Sie wollen verhindern, dass weiter Kosten durch die Planung entstehen. Andere Projekte seien für die Stadtwerke, zu denen die HGK gehört, wichtiger: Ausweitung des Glasfasernetzes von Netcologne, Ausbau erneuerbarer Energien bei der Rheinenergie, Ausbau der Infrastruktur der KVB. Der Ausbau des Godorfer Hafens zählt nicht dazu. Allerdings müsste die HGK bereits erfolgte Investitionen für die Planung von knapp 8 Mio. Euro abschreiben. »Dies möchte die HGK vom Besteller, dem Rat der Stadt, ausgeglichen haben. Das haben wir zugesagt«, sagt Jörg Frank. Er ist sich sicher, dass man eine Lösung finde, wodurch nicht der städtische Haushalt belastet werde.

So könnte die Entscheidung gegen den Ausbau schon im September im Rat fallen, wenn CDU und Grüne ihren Antrag einbringen. Eine Mehrheit ist ihnen sicher. Bis dahin werde die SPD »alles in ihrer Macht stehende tun, damit dieses wichtige Nachhaltigkeitsprojekt nicht beerdigt wird«, sagt Christian Joisten. Allerdings ist derzeit keine Ratsfraktion in Sicht, die die SPD dabei unterstützt. Immerhin: Die SPD hat im Wahlkampf ein Alleinstellungsmerkmal gefunden.