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Schon ist sie wieder rum, die Vergabe unseres Arme-Leute-Oscars Deutscher Fernsehpreis. Wie immer feierten draußen in der Ossendorfer Pampas die ewig gleichen Gesichter die ewig gleichen Gesichter – bis auf eine neue Rubrik, ohne die das Fernsehen im neuen Jahrtausend undenkbar wäre: Erstmals wurde ein Preis für die beste Kochshow verliehen. Ehrenpreisträger Götz George wunderte sich zwar noch unlängst, dass sich statt Stars nur noch »aufgepumpte Blondinen, Köche und andere Knalltüten« auf den Roten Teppichen der Medienpartys tummeln, doch genau diese Troika hat die deutsche TV-Unterhaltung ganz fest im Griff. Die Küchenmeister Lafer und Lichter gingen zwar leer aus, konnten sich aber wenige Tage später über eine »Saure Gurke« für ihren Kühlschrank freuen, die sie für besonders gelungene frauenfeindliche Sprüche verliehen bekamen. »Nougatgefüllte Marzipanpralinen auf zwei Beinen«, war so einer ihrer Versuche, Frauen Komplimente mit dem Steakklopfer zu machen.

Lokal geht super, überregional läuft´s auch recht gut, aber regional will es einfach nicht klappen. Nach der Süddeutschen Zeitung und der taz gibt jetzt auch Welt Kompakt den NRW-Teil auf. Offiziell heißt es, man wolle redaktionelle Kompetenzen bündeln. Allerdings werden die Hamburger und Berliner Ausgaben weiterhin mit regionalen Seiten versorgt. Offensichtlich stiftet das Land Nord­rhein-Westfalen schlichtweg nicht die Identität, wie es eine Metropole vermag, können Schicksale und Ereignisse in Herne, Bielefeld und Hagen den Kölner, Dortmunder und Remscheider nicht zwingend faszinieren – und umgekehrt. Zumal sich die Anzeigensituation schwierig gestaltet, weil Bundesländer als Segment einen nur unscharf umrissenen Anzeigenmarkt darstellen. So konnte die Süddeutsche seinerzeit zwar neue Leser mit einer NRW-Ausgabe hinzu gewinnen, ein Mehr an Anzeigen zur Amortisierung der redaktionellen Kosten ergab sich jedoch nicht.

Immer wieder neu stellt sich die Frage, ob am meisten Geld mit Zeitungen verdient werden kann, wenn man die Blätter verschenkt. Ein erster Anlauf mit dem Gratisblatt 20 Minuten scheiterte in Köln am konzertierten Widerstand von DuMont und Springer, die ihrerseits mit kostenlosen Zeitungen konterten. Da das Anzeigenaufkommen keine drei Blätter tragen konnte, war 2001 nach dem zwei Jahre währenden »Kölner Zeitungskrieg« Schluss mit gratis. Erstaunlich daher die Meldungen aus Zürich, wo inzwischen gleich vier Blätter umsonst verteilt werden – und Gewinne abwerfen. Auch hierzulande könnte es bald zu einem neuen Anlauf kommen durch ein Unternehmen, das bislang zwar als Verteiler von Zeitungen Erfahrungen hat, aber nicht als Verleger: die Deutsche Post. Nicht, weil die Post viel Neues zu vermelden hätte, sondern weil die Post sauer auf Springer ist. Der Berliner Verlag expandiert ins Briefgeschäft, und da erwägt die Post eine Gegenoffensive, die Springers Bild empfindlich treffen könnte. Denn sobald ein neues Gratisblatt auf den Markt geworfen wird, könnten andere Verlage ihrerseits Gratisblätter in Auftrag geben. Und das trifft die großen Boulevardblätter besonders hart. So hat 20 Minuten in der Schweiz dem dort größten Boulevardblatt Blick inzwischen den Rang als meist­gelesene Zeitung abgelaufen.