KrimiNews von Ullrich Noller

Ungeschoren ist erschienen, der neue Kriminalroman von Arne Dahl. Dazu eine gute und eine schlechte Nachricht, die schlechte zuerst:
Es kann anscheinend auch bei einem solchen Krimiklassekaliber wie dem Mitarbeiter des Nobelpreiskomitees nicht immer noch weiter steil bergauf gehen. »Ungeschoren« ist ein durchschnittlicher Kriminalroman. Trotzdem, und das ist die gute Nachricht: Dieser Autor ist solch ein Könner im Metier des Gesellschaftsromans, dass – schiebt man Genre-Erwartungen
beiseite – die Sache mit dem Lesespaß dann doch noch klappt.

Ein Fernsehmacher, eine Krankenschwester, ein Ehrenmörder, ein Frauenverprügler – das A-Team arbeitet diesmal an vier Mordfällen, die lange nichts, dann aber sehr viel miteinander zu tun zu haben. Allen Toten wurden postmortal kleine Tätowierungen beigebracht, die in der Summe das Wort »Puck« ergeben, Name eines Elfen in Shakespeares »Sommernachtstraum«. Eine Botschaft zur Mittsommernacht? An die Gesellschaft, an die Polizei, an das Team? An die Welt?

Gesellschaftsanalyse wird mit Hilfe literarischer Anleihen in eine metaphernreiche Geschichte verpackt. Eigentlich ein literarisches Standard-Stück – entsprechend langsam kommt der Plot in Gang, entsprechend sekundär ist die Rolle der tatsächlichen Polizeiarbeit in diesem Roman. Was ihn lesenswert macht, ist das Erleben der Figuren: Alle sind in Sache Liebe und Familie und Abschied so sehr in Bewegung und Aufbruch, dass das Ergebnis eher ein Frühjahrskonzert denn ein Mittsommerroman ist. Arne Dahl, der sich dem Vernehmen nach beim Schreiben dieser Geschichte von seiner Familie getrennt hat, widmet sich dem besonderen Moment am Wendepunkt des Lebens, wenn sich für eine Sekunde ein Fenster auftut. Ihn beschreibt und spiegelt er in einer wirklich tollen Inszenierung.