Rote Karte bei häuslicher Gewalt

Kölner Fraueninitiativen sehen das neue Gewaltschutzgesetz nicht nur positiv

Pro Jahr flüchten bundesweit rund 44.000 Frauen in Frauenhäuser. Auch im vergangenen Jahr wurde als häufigster Aufnahmegrund ein familiärer Konflikt in Verbindung mit Gewaltandrohung oder -erfahrung genannt. Da bislang so genannte »Familienstreitigkeiten« als Privatangelegenheit gehandhabt und meist nicht strafrechtlich verfolgt wurden, beliefen sich polizeiliche Einsätze meist auf Schlichtungsversuche.

Gesetzesverabschiedung

Durch das jetzt in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz werden Gewaltakte in den eigenen vier Wänden erstmalig bundesweit als Straftat anerkannt und strafrechtlich verfolgt. Auch das Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen wurde novelliert. In Fällen häuslicher Gewalt können die ermittelnden Beamten zukünftig dem Täter durch einen so genannten »Wegweisungsantrag« ein Wohnungsverbot von zehn Tagen erteilen. Ebenso soll Telefonterror oder das Nachstellen und Auflauern der Betroffenen geahndet werden, unter anderem mit Ordnungsstrafe.

Skepsis der Fraueninitiativen

Die Kölner Frauenberatungsstellen erwarten die praktische Umsetzung des neuen Gesetzes mit gemischten Gefühlen. Positiv bewerten sie, dass Frauen und Kinder, die häusliche Gewalt erfahren haben, nun nicht mehr fluchtartig den gemeinsamen Haushalt verlassen müssen. »Für eine erfolgreiche Umsetzung ist es jedoch notwendig, dass die Polizei ausreichend geschult wird«, gibt Claudia Schrimpf vom Verein Frauen helfen Frauen zu bedenken. Denn die Beamten sollen zukünftig auch den Kontakt zwischen Beratungsstellen und Betroffenen herstellen. Auf freiwilliger Basis können die Frauen ihre Adresse und Telefonnummer angeben, die dann durch die Polizei an die Initiativen weitergeleitet wird.
Jae-Soon Jooschauen von der AG gegen internationale und sexuelle Ausbeutung (agisra) bemerkt in diesem Zusammenhang: »Besonders Frauen mit Migrationshintergrund haben oft schlechte Erfahrungen mit Polizei und Behörden gemacht. Eine intensive Zusammenarbeit mit den Beratungstellen ist darum in diesen Fällen besonders wichtig.« Auch dürfe die Inanspruchnahme des Gewaltschutzgesetzes keine negativen Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus von Frauen haben.
Einig sind sich die Kölner Initiativen darüber, dass die Frauen die Entscheidung, ob sie sich beraten lassen wollen oder nicht, letztendlich selber treffen müssen. Vorschnelle Datenweitergabe und Pflichtberatungen durch übergeordnete Interventionsstellen wären für sie die falsche Strategie.

Infos: Frauen helfen Frauen e.V.,
Gutenbergstr. 57, Tel 51 55 12; agisra, Steinbergerstr. 42, Tel. 139 03 92;
Frauenberatungsstelle Kalk, Kalker Hauptstraße 247-273, Tel. 820 94 16.