Die Meistermacher

Yvonne Greiner und Bernd Wilberg sprachen mit Erich Rutemöller über den gläsernen Athleten, Frauen als Profitrainer und den 1. FC Köln

StadtRevue: Herr Rutemöller, was machen Sie, wenn Sie nicht auf dem Platz stehen?

Erich Rutemöller: Ich bin viel unterwegs. Es ist wichtig, über den Zaun zu gucken, wie in anderen Ländern Fußballtrainer ausgebildet werden. Ich habe über die Uefa und Fifa viele Kontakte und kann vergleichen. Es gibt unterschiedliche Mentalitäten und Wege, Dinge zu vermitteln.
Ich vergleiche unsere Ideen mit denen der anderen: Wie sind die Gewichtungen zwischen Theorie und Praxis?
Welche Inhalte werden vermittelt, lehren die anderen auch Rhetorik? Die Engländer zum Beispiel machen viel über E-Learning.

Sie haben 1971 den Fußball-Lehrer-Lehrgang absolviert, den Sie seit 2000 selbst leiten. Was hat sich verändert?

In der Leistungsdiagnostik hat sich viel getan. Man spricht schon vom gläsernen Athleten, mittlerweile wird alles eingescannt. Der Trainer braucht eine Bestätigung, dass seine Trainings­dosierung richtig ist. Da ist die Zusammen­arbeit mit den Wissenschaftlern wichtig. Auch im praktischen, taktischen Bereich hat sich vieles verändert: Früher haben wir noch mit »Ausputzer« oder »Libero« gespielt. Jetzt gibt es die Dreierkette, die Viererkette und das Pressingverhalten bereits im Angriff und Mittelfeld. Der Raum ist der gleiche geblieben, aber er ist immer enger geworden.

Erkundigen sich auch über die Methoden in an­deren Sportarten?

Ich rate den Leuten, sich über Trainer in anderen Sportarten und anderen Ländern zu informieren, wie die an Ziele rangegangen sind. Ich habe zwei Jahre in Amerika gelebt und dort Fußball gespielt, die trainieren teilweise anders, gehen psychologischer vor.

Als Jürgen Klinsmann als Bundestrainer neue Ideen umsetzen wollte, war die Empörung zunächst groß.


Vieles ist zunächst auf Kritik gestoßen, vielleicht auch falsch verstanden worden, vieles war hier nicht bekannt. Der Jürgen hat vor allem Spezialisten für die einzelnen Bereiche geholt, denen er die Aufgaben übertragen hat. So hat er etwa den Taktikbereich dem Jogi Löw überlassen, aber Jürgen hat den Trainerstab geführt und die Entscheidungen gefällt. Das ist modern. Den alten Trainer-Typen, der sagt: Gras fressen und Blut im Schuh, den gibt es nicht mehr. Wir haben heute Trainer, die mit ihren Methoden überzeugen und nicht verbal reinhauen.

Hat man einen Job sicher, wenn man den Lehrgang hinter sich hat?

Die meisten haben ja schon einen Job als Trainer, sind unter der Woche hier und am Wochen­ende bei ihrer Mannschaft. Einige, die noch keinen Job haben, kommen sicherlich unter. Es gibt im Grunde drei Profile: Profifußball, Juniorenleistungsbereich oder als Aus­bilder in der normalen Trainerausbildung.



Zur Person:

Erich Rutemöller wurde 1945 in Recke-Stein­beck in Westfalen geboren. Er spielte bei Borussia Rheine 08, dem SSV Köttingen, den Amateuren des 1. FC Köln und der Florida International University (Miami). In der ­Bundesliga-Saison 1990/91 trainierte er den 1. FC Köln, danach Hansa Rostock und den Bonner SC. 1991 holte er mit dem FC den zweiten Platz im DFB-Pokal.

Seit 1994 arbeitet Erich Rutemöller für den Deutschen Fußball-Bund. Am 1. Juli 2000 trat er die Nachfolge von Gero Bisanz als Ausbildungsleiter der Hennes-Weiswei­ler-Akademie an der Kölner Sporthochschule an. Hier, und nur hier, kann man die höchste Lizenz als Fußball-Lehrer erwerben, die auch international als höchste Trainer-Ausbildung anerkannt wird. Von April 2003 bis Dezember 2005 trainierte er das »Team 2006«, ein Perspektivteam von Fußballspielern. Es wurde zur Unterstützung der Nationalmannschaft in Vorbereitung auf die WM gegründet.

Der jetzige Fußball-Lehrer-Lehrgang in Köln ist Rute­möl­lers letzter, danach hört er auf. Auf die Frage nach seinen Plänen sagt er: »Ich möchte auf jeden Fall im Trainerbereich, in der Ausbildung bleiben. Ich würde gerne für die Fifa in ein anderes Land, auf einen anderen Kontinent gehen und da eine Ausbildungsstruktur aufbauen.«

Mehr zum Thema: Eine Reportage über Training und Ausbildung im Fußball-Lehrer-Lehrgang findet Ihr in der aktuellen StadtRevue.