Watchdog

Auf der Aachener Straße dringen Personen in das Gebäude Nummer 1042 ein, packen kistenweise Ordner in graue Lieferwagen und entschwinden wieder. So hat man sich das wohl vorzustellen, nimmt man all sein Krimiwissen zusammen, was sich im Juni bei IP Deutschland zugetragen hat, dem Unternehmen, das die Werbezeiten der RTL-Sender verkauft. Wettbewerbsbehindern­de Praktiken beim Verkauf der Werbezeiten, so lautete der Vorwurf von Kripo und Bundeskartellamt an das RTL-Unternehmen. Die Sender hätten den großen Werbeagenturen hohe Rabatte gewährt, auch in Form von Freispots, die diese dann auf eigene Faust veräußern konnten. So erreichten die Rabatte nicht die Kunden, zudem werde der Marktzugang kleiner Anbieter blockiert. Schnell akzeptierten RTL und Konkurrent ProSiebenSat.1 ein Bußgeld von stattlichen 216 Mio. Euro, man wolle schließlich Rechtssicherheit. Doch macht derart schnelle Akzeptanz auch ein wenig schaudern eingedenk der Abgründe, die da womöglich noch unerkannt im Off gähnen. Nun soll es einen radikalen Schnitt geben, alles transparent werden, Insider sprechen von einer »Währungsreform« im Fernsehen. Nicht so bei RTL, das auch weiterhin Rabatte gewähren will. Kölsche Lebensart oder perfide Strategie, man wird sehen, aber die gemütlichen Zei­ten in der Werbe- und TV-Branche sind wohl erst mal vorbei.

Kartelle, Klüngel, Korruption – nach Müll- und Messeskandal sind jetzt auch mal die Medien dran. Hier ist ja Kreativität gefragt, auf allen Ebenen, will man sich dauerhaft behaupten in diesen wankelmütigen Zeiten der digitalen Morgenröte. Befand kürzlich wohl auch der hiesige Kabelnetzbetreiber Unity Media, formerly known as Ish. Seit Jahren predigte man den Kunden vom digitalen Aufbruch, nun sollte es mal vorangehen. »Technology is the Answer«, aber was war noch mal die Frage? Egal, Konsum-Luschen sind jetzt nicht gefragt. »Jetzt digital!« hieß die Kampagne, in der das Unternehmen seinen Kunden den Umstieg auf einen digitalen Anschluss verordnete. Wer nicht mitzieht, sollte mit Preiserhöhungen »bestraft« werden. Unredlich das Ganze, monierte die Verbraucherzentrale und mahnte die Kölner Kabelleger ab: Die Preiserhöhung sei nicht deutlich genug kommuniziert worden. Kunden, so die Verbraucherschützer, sollten Widerspruch einlegen und erst mal nur unter Vorbehalt bezahlen.

Als Meister im Fünfe-gerade-sein-Lassen scheint sich derzeit wohl auch der Ex-Chef der Sparkasse KölnBonn, Gustav Adolf Schröder, zu entpuppen. Es geht um die TV-Studios des Coloneums, einst das Prestige-Objekt des Medienlandes NRW, die Ende der 90er an allen Marktbedarfen vorbei auf die grüne Wiese in Ossendorf hingebaut wurden. Leerstände und Verluste nervten schnell die Gesellschafter – neben der Sparkasse noch RTL, ProSiebenSat.1 und die Studiogründer Helmut und Bernd Breuer. Letzteren, so heuer der Vorwurf, habe Schröder beim Ausstieg eigenmächtig von den millionenschweren Mietverpflichtungen befreit, womöglich zum Schaden seines Kredit­instituts. Der Staatsanwalt ermittelt, und Schröders Nachfolger bei der Sparkasse KölnBonn, Dietmar Binkowska, kündigte streberhaft an, dass nun »jeder Stein umgedreht werde«. Auch der Schaden, der sich aus dem verzögerten Umzug von RTL in die alten Messehallen ergibt, wird Schröder angelastet. Schwere Zeiten für Strippenzieher am Medienstandort Köln, wo doch alles nur aus Liebe zum Land geschieht...