Der »Zug der Erinnerung« hat Verspätung

Es ist eng im Zugabteil und stickig. Auf Gleis 26 des Dortmunder Hauptbahnhofs schieben sich dreißig Menschen durch zwei Eisenbahnwaggons, draußen am Gleis warten weitere hundert. Im Zug ist es still, die Besucher betrachten stumm die ausgestellten Texttafeln. Auch die über Rudi Löwenstein: Der junge Mann mit dem verschmitzten Lächeln ist auf einem Schwarz-Weiß-Foto zu sehen, daneben hängt eine Postkarte, die der Kölner im Dezember 1943 aus dem Konzentrationslager Birkenau nach Hause schrieb: »Herzallerliebste Mutter, gesundheitlich geht es mir gut.« Direkt darunter: sein Totenschein, ausgestellt im Mai 1944 in Auschwitz.

»Zug der Erinnerung« nennt sich das Projekt einer Bürgerinitiative, das seit Ende 2007 auf deutschen Bahnhöfen zu sehen ist. Mit der rollenden Ausstellung will die Initiative an Opfer und Täter jener Deportationen erinnern, bei denen zwischen Oktober 1940 und Dezember 1944 mehrere hundertausend Kinder und Jugendliche per Sonderzug ins KZ verbracht wurden. Der Erinnerungs-Zug war schon in Niedersachsen und im Ruhrgebiet, im März sollen Düsseldorf, Siegen und Aachen hinzukommen; enden soll er am 8. Mai im ehemaligen KZ Auschwitz. In Köln wurde der Zug eigentlich schon für Ende Februar erwartet. Nach langem Hin und Her ist jetzt ein Halt vom 13. bis 15 März geplant.

»Die Bahn lässt sich jede Steckdose bezahlen«

Die Verspätung hat einen Grund: Lange war nicht klar, wer den Zughalt in Köln bezahlen sollte. »Wir brauchen Initiativen vor Ort, die uns einladen«, sagt Rüdiger Minow vom Veranstaltungsteam. Ein Bahnhofs-Halt kostet pro Tag 4000 Euro, finanziert wird das zur Hälfte aus Spenden, die andere Hälfte steuern lokale Organisatoren bei. »Wir allein konnten den Zug nicht einladen«, sagt Adrian Stellbacher von der Kölner Initiative »Bahn erinnern«. »Das ist mit erheblichen Kosten verbunden, weil die Bahn sich jede Steckdose bezahlen lässt.«

Man begrüße die Ausstellung, sagt ein Sprecher der Bahn. »Allerdings sind wir gesetzlich verpflichtet, für die Benutzung von Schienen Trassengebühren zu verlangen.« Das verwundert nicht nur die Organisatoren, schließlich erinnert die Ausstellung auch an die Verbrechen der Reichsbahn – der Vorgänger-Orga­nisation der Bahn. »Es ist ein Skandal, dass die Bahn das Projekt mit hohen Gebühren belegt«, sagt Hans-Georg Bögner von der Kölner SPD. Nun wird das El-De-Haus – und damit die Stadt – die Hälfte der Kosten für den Halt übernehmen.


Info
Der »Zug der Erinnerung« hält vom
13. bis 15.3. im Kölner Hauptbahnhof.