Paula Modersohn-Becker

Fast täglich besuchte Paula Modersohn-Becker während ihrer Paris-Aufenthalte den Louvre. Die 1876 geborene Malerin, die mit 31 Jahren starb, stieß mit ihren flächigen Vereinfachungen in Deutschland auf Unverständnis. Ausgerechnet in 2000 Jahre alten Mumienportraits im Louvre fand sie dort jene Modernität und überwältigende Einfachheit, die ihrem formalen Streben nahe kamen. 1903 notierte sie: »Jetzt fühle ich tief, wie ich an den Köpfen der Antike lernen kann. (...) Stirn, Augen, Mund, Nase, Wangen, Kinn, das ist alles.« Während ihr die Bildnisse, die, zu Lebzeiten angefertigt, auf den Mumien angebracht wurden und einen eigenartigen Dialog mit den Toten zu ermöglichen scheinen, lange fremd blieben, übernahm Moderson-Becker in ihren letzten Jahren Elemente ihrer Formensprache, um ihren eigenen Stil zu forcieren: Blick und Haltung, die schmalen Hochformate, Schmuck- und Symbol-Zitate, Ausschnitt und Technik.

Das lässt sich wunderbar in direkter Gegenüberstellung nachvollziehen, wenn die Ausstellung »Paula Modersohn-Becker und die ägyptischen Mumienportraits« nun von Bremen ins Museum Ludwig wandert. Kurator der Ausstellung zum 100. Todestag der Künstlerin ist Reiner Stamm, Leiter des Bremer Paula-Modersohn-Becker-Museums, der im vergangenen Jahr die kenntnisreiche Biografie »Ein kurzes intensives Fest« veröffentlicht hat. Fernab von der immer noch virulenten sentimentalistischen »Paula«-Rezeption, die identifikatorisch ihrem Liebes- und Familienleben im Werk nachspürt oder Vorstellungen von »Weiblichkeit« zementiert, indem sie die geschlechtsspezifische Künstler-Sozialisation betont, zeichnet Stamm die malerische Entwicklung der deutschen Wegbereiterin der Moderne nach.

Das gleiche gilt für die Ausstellung mit fast fünfzig Exponaten, die unter anderem aus dem Louvre, dem Antikenmuseum in Basel, dem Ägyptischen Museum in Berlin und dem British Museum zusammengetragen wurden. Der Wechsel der Schau nach Köln würdigt zudem Leopold Reidemeister: Der damalige Direktor des Wallraf-Richartz-Museums konfrontierte bereits 1953 in einer Ausstellung in der Eigelsteintorburg Modersohn-Beckers »Selbstporträt mit Kamelien­zweig« mit dem Mumienportrait einer jungen Frau.

Ausstellung
»Paula Moderson-Becker und die
ägyptischen Mumienporträts«,
Museum Ludwig, Di-So 10-18,
1. Fr im Monat 10-22 Uhr, 15.3.-15.6.,
Eröffnung 14.3., 19 Uhr
Vortrag: Am 11.3. um 19 Uhr spricht Kurator Rainer Stamm über die Ausstellung (Kinosaal im Museum Ludwig)